Top-Funktionär: Niersbach in FIFA-Exekutive gewählt

Wien (dpa) - Ganz außen auf dem Podium der mächtigsten Fußball-Funktionäre des Kontinents saß Wolfgang Niersbach, lächelte und hob kurz den Daumen. Per Akklamation wurde der DFB-Präsident beim UEFA-Kongress in das Exekutivkomitee der FIFA gewählt.

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„Es war der einhellige Wunsch des DFB-Präsidiums, dass ich mich für dieses Amt zur Verfügung stelle. Ich sehe es als meine Aufgabe und meinen klaren Auftrag an, in dieser Rolle für die Interessen des deutschen und europäischen Fußballs einzutreten. Für mich ist und bleibt es eine Gemeinschaftsaufgabe, den Fußball weiterzuentwickeln und zu verändern“, wurde Niersbach in einer Mitteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zitiert.

Ligapräsident Reinhard Rauball begrüßte die Wahl Niersbachs. „Es ist wichtig, dass der deutsche Fußball in diesem Gremium mit einer starken Stimme vertreten ist. Wolfgang Niersbach genießt das volle Vertrauen des Ligaverbandes. Er ist durch seine internationalen Kontakte die ideale Besetzung für dieses wichtige Amt, und wir sichern ihm für seine Aufgabe unsere gemeinsame Unterstützung zu“, hieß es in der gleichen DFB-Mitteilung.

Offiziell tritt Niersbach sein neues Amt in der Fußball-Weltregierung als Nachfolger des in Funktionärsrente gehenden Erzfeindes Theo Zwanziger am 29. Mai beim FIFA-Kongress in Zürich an. Das Signal zum Wechsel ging aber von der UEFA-Veranstaltung in Wien aus - mit dem nächsten Schritt in Niersbachs wundersamer Karriere als Sportpolitiker.

Niersbach erfüllt nicht die gängigen Vorurteile eines drögen Funktionärs. Wenn den DFB-Chef die Fußball-Leidenschaft packt, wird aus ihm wieder ein Fan. Mitten im Gespräch springt er schon mal auf, um ein Statistikbuch aus dem Schrank zu holen und ein Pokalergebnis aus den 70er Jahren nachzuschauen. Oder er erzählt mit glänzenden Augen von einem Dankesbrief samt Foto von Philipp Lahm nach dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Diese Begeisterungsfähigkeit ist Niersbachs Stärke und Schwäche zugleich.

Sie hat ihn bis das FIFA-Exekutivkomitee getragen. Sie ist aber auch stetes Argument der Kritiker, die dem 64-Jährigen vorwerfen, zu sehr mit dem Profisport und der Glitzerwelt der geliebten Nationalmannschaft verbunden zu sein und die Amateurbasis des Deutschen Fußball-Bundes zu vernachlässigen.

Beide Facetten ziehen sich durch Niersbachs ungewöhnliche Karriere in der Sportpolitik. Das wird sich auch nach dem Aufstieg in das Top-Gremium des Weltverbandes nicht ändern, in das Niersbach zunächst gar nicht hineinwollte. „Er ist der richtige Mann für diese Aufgabe. Es gibt keinen besseren“, sagte Ligapräsident Reinhard Rauball.

Diese Worte kommen Niersbach sicher bekannt vor, denn schon oft wurde er in das nächst höhere Amt von seinen Freunden und Förderern förmlich hineingeredet. Sonderlich gewehrt hat er sich gegen den nächsten Karrieresprung aber auch nie. Und die gewissenhaft artikulierte Garantie, dass nicht noch mehr möglich ist, nimmt ihm auch nicht mehr jeder Wegbegleiter ab.

Fast schon logischerweise wurde auch Niersbachs Name genannt, als die UEFA im Vorjahr einen Gegenkandidaten für FIFA-Präsident Joseph Blatter suchte. Dafür war die Zeit aber noch nicht reif. „Ich bin 64“, antwortet er kokettierend mit seinem „hohen“ Alter, wenn es um dieses Thema geht. FIFA-Boss Joseph Blatter, mit dem Niersbach als Mitglied der Exekutive nun enger zusammenarbeiten muss und pragmatisch arbeiten wird, ist 79. Realistischer wäre ein Wechsel auf den UEFA-Chefsessel, sollte sein Freund Michel Platini diesen aus eigenen Karriereerwägungen eines Tages räumen.

Den Verdacht einer Karriere am Reißbrett lehnt Niersbach ab. „Es ist ein Riesenvorteil für mich, dass alles so langsam ging. Ich konnte immer lernen und mein Erlerntes anwenden. Als Journalist kannte ich die Medienwelt, so konnte ich Pressesprecher sein, als Pressesprecher kannte ich den DFB und konnte Generalsekretär werden“, berichtet er über seinen Aufstieg vom Agenturschreiber zum DFB und dann durch dessen Instanzen. Entscheidend war für Niersbach aber die Verbindung zum Fußball, die ihm seinen Weg ebnete, den er bei zwei DFB-Sponsoren angeblich nicht geschafft hätte: „Bei der Lufthansa oder Mercedes hätte ich das nicht machen können.“