„Tortur“ für Messi und Co.: Chile gewinnt Copa América
Santiago (dpa) - Lionel Messi blickte mit versteinerter Miene zu den ausgelassen jubelnden Chilenen. Ein Jahr nach dem verlorenen WM-Finale von Rio de Janeiro gegen Deutschland schlich der viermalige Weltfußballer auch im Stadion von Santiago ohne Pokal, ohne Titel vom Platz.
Der Gang mit der Medaille für den zweiten Platz um den Hals vorbei an der Siegertrophäe wurde für den 28-Jährigen zur Qual. Nicht Argentinien, sondern Copa-América-Gastgeber Chile krönte sich zum ersten Mal in der Geschichte des Landes. Messi traf zwar nach 120 torlosen Minuten vom Punkt, am Ende aber stand es 1:4 im Elfmeterschießen.
Argentinien steht damit schon wieder mit leeren Händen da. 2004 verlor die Mannschaft im Finale der Regionalmeisterschaft im Elfmeterschießen gegen Brasilien, da war Messi noch nicht dabei. 2007 unterlag Argentinien mit dem Wunderfußballer erneut gegen Brasilien. Dann das WM-Endspiel gegen Deutschland, nun das Finale gegen Chile. „Alptraum II“ schrieb die argentinische Sportzeitung „Olé“. „Nächstes Finale, nächster Frust“, meinte „La Nación“. „Es ist eine Tortur, ich habe keine Erklärung dafür“, sagte Javier Mascherano.
Der letzte Titel für die A-Nationalmannschaft Argentiniens liegt 22 Jahre zurück (Copa América). Chile dagegen stillte seine Sehnsucht nach dem ersten großen Championat. Zu verdanken hatte es „La Roja“ vor allem auch Messis und Mascheranos Clubkameraden Claudio Bravo. Der Torwart und Kapitän schmückte sich nach dem Triple mit dem FC Barcelona nun mit dem vierten Titel. Bravo parierte vor 48 000 Zuschauern im ausverkauften Estadio Nacional den Versuch von Éver Banega. Zuvor hatte Gonzalo Higuaín den Ball in den Abendhimmel gejagt. Den Elfmeter zum Sieg verwandelte Ex-Barça-Profi Alexis Sanchez mit einem lässigen Kullerball.
Danach gab es für die Chilenen auf dem Rasen, auf den Rängen und im ganzen Land kein Halten mehr. Rote Fahnen, rote Trikots allerorten. „Ich habe immer davon geträumt, diesen Pokal eines Tages hochzuhalten“, betonte Bravo. Trainer Jorge Sampaoli - ein Argentinier - wollte den Moment mit seinen Spielern einfach nur auskosten. „Die Copa América hier gewonnen zu haben, in Chile, mit diesen euphorischen Menschen... ich danke meiner Mannschaft, dass sie mir erlaubt, ein Teil von alldem zu sein“, sagte der 55-Jährige, der vor einem Jahr mit seinem Team bei der WM im Elfmeterschießen im Achtelfinale an Gastgeber Brasilien gescheitert war.
Das ganze Land habe diesen Sieg nun gebraucht, meinte Arturo Vidal, der während des Turniers noch mit einer Unfallfahrt unter Alkoholeinfluss für Negativ-Schlagzeilen gesorgt hatte. Im Elfmeterschießen verwandelte der ehemalige Bundesligaprofi sicher.
Im Gegensatz zu den Argentiniern, die in 24 Spielen bei der Copa nie gegen Chile verloren hatten. Nur Messi traf. Aber halt auch nur vom Elfmeterpunkt. Im gesamten Turnier konnte er kein Tor aus dem Spiel heraus erzielen. Beim 2:2 in der Vorrunde gegen Paraguay hatte Messi einen Strafstoß verwandelt. Und das, nachdem Messi beim FC Barcelona insgesamt 58 Mal in einer Saison getroffen hatte.
Den Chilenen war es gelungen, Druck auszuüben und den Ball oft in den eigenen Reihen zu halten und so Messi auch gar nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. „Weder wir noch Chile haben so gespielt, wie wir es gewöhnlich machen“, meinte Argentiniens Coach Gerardo Martino. Daher muss nun auch Messi auf die Titelvollendung weiter warten, 2016 bei der Jubiläums-Copa in den USA könnte die nächste Gelegenheit anstehen. „Es kommt noch der Punkt, an dem Leo mit Argentinien etwas gewinnen wird“, meinte Mitspieler Ezequiel Lavezzi.