Ukraine atmet durch: Generalprobe gelungen
Kiew (dpa) - Bei Cognac, Erdbeertörtchen und deftiger ukrainischer Küche atmeten die Chefs des EM-Gastgebers erst einmal kräftig durch. Die Generalprobe für die große Aufgabe Fußball-Europameisterschaft war für sie gelungen - und das in doppelter Hinsicht.
Das Team von Nationalcoach Oleg Blochin ließ sich von 70 000 Fans im renovierten Olympiastadion von Kiew für ein beachtliches 3:3 gegen den EM-Mitfavoriten Deutschland feiern. Und auch organisatorisch lief beim ersten Länderspiel in der neuen Arena, in der am 1. Juli 2012 der neue europäische Champion gekrönt wird, fast alles rund.
„Man merkt, dass die Europameisterschaft vor der Tür steht. Die Zuschauer waren sehr laut. Ohne Qualifikationsspiele betrachtet die Ukraine jedes Spiel wie einen Ernstkampf“, beschrieb Bundestrainer Joachim Löw die hitzige Atmosphäre in der ukrainischen Hauptstadt. Als in der 36. Minute die Gastgeber sogar mit 2:0 in Führung gingen, führte der Präsident von Schachtjor Donezk, Rinat Achmetow, einer der reichsten Oligarchen des 46-Millionen-Einwohner-Landes, einen wahren Freudentanz im VIP-Bereich des Stadions auf.
„Uns allen ist eine Riesenlast vom Herzen gefallen. Es gab teilweise heftige Kritik wegen der Vorbereitungen. Und auch unserer Mannschaft wurde nicht viel zugetraut. Doch heute haben wir bewiesen, dass wir gute Gastgeber sind“, sagte Präsidentensprecherin Darka Chepak. Der umstrittene Staatschef Viktor Janukowitsch, der bei der Vorstellung von den Zuschauern ausgepfiffen wurde, hatte mit der fast gesamten ukrainischen Regierungsmannschaft den Achtungserfolg des Blochin-Teams auf der Tribüne verfolgt.
Nach den vielen Negativ-Meldungen über Korruption, Bauverzögerungen und fehlende Infrastruktur war die Anspannung in Kiew groß. Die gesamte Innenstadt bewachten Polizeieinheiten. An allen zentralen U-Bahn-Stationen und den Zufahrtstraßen zum Stadion standen zudem Spezialkräfte des Innenministeriums. Sogar der deutsche Botschafter Hans-Jürgen Heimsoeth und Teammanager Oliver Bierhoff mussten sich einer gründlichen Sicherheitskontrolle wie am Flughafen unterziehen, bevor sie Zugang in die Präsidenten-Lounge bekamen. Die Straßen rund um die für 580 Millionen Euro erneuerte Sportarena waren für den Verkehr komplett gesperrt worden.
„Die Lage des Stadions ist sicherheitstechnisch mehr als ungünstig“, sagte ein Mitarbeiter des deutschen Innenministeriums. Für die EM soll das Sicherheitssystem optimiert werden. Deutsche Sicherheitsprofis unterstützen dabei ihre ukrainischen Kollegen.
Auch die sportliche Standortbestimmung fiel für die EM-Gastgeber hoffnungsvoll aus. „Fußballerisch sind sie gut. Sie haben viel gekämpft, waren viel am Boden. Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die soviel grätscht. Die Ukraine ist eine gute Mannschaft, die bei dieser EM sicherlich eine gute Rolle spielen wird - vor allem auch zu Hause“, sagte Löw. Kollege Blochin erzählte augenzwinkernd: „Wie wir zu unserem Erfolg gekommen sind, bleibt mein Geheimnis.“