Ukraine will im Endspielstadion EM-Reife zeigen
Das Länderspiel gegen Deutschland ist für die Ukraine nicht nur ein sportlicher Härtetest. Sieben Monate vor Beginn der Euro 2012 will sich die frühere Sowjetrepublik in Kiew auch organisatorisch als guter EM-Co-Gastgeber präsentieren.
Kiew (dpa) - Respekt vor Gegner Deutschland, stolz auf die Rolle als Co-Gastgeber der Euro 2012: Die Ukraine will im Spiel gegen die DFB-Elf in Kiew an diesem Freitag (20.45 Uhr/ARD) EM-Reife zeigen. „Wir werden uns von unserer besten Seite präsentieren und unsere Fans sicher nicht enttäuschen“, kündigt Coach Oleg Blochin vor der Partie im Olympiastadion der ukrainischen Hauptstadt an. Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Wir müssen die Deutschen ja nicht jetzt, sondern erst am 1. Juli 2012 schlagen.“ Dann steigt in der für rund 580 Millionen Euro umgebauten Betonschüssel das Finale der Europameisterschaft.
Mut für das Turnier im eigenen Land macht der früheren Sowjetrepublik vor allem der historische Erfolg bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Damals schied das Team von Blochin sensationell erst im Viertelfinale gegen Italien aus. Der Blick auf die Gegenwart ist eher trist: Nach deftigen Niederlagen zum Beispiel gegen Frankreich (1:4) und Tschechien (0:4) erwarten nur wenige Fans einen Sieg gegen Deutschland.
Auch einer der wenigen Stars der Mannschaft, Mittelfeldspieler Anatoli Timoschtschuk vom FC Bayern München, ist eher skeptisch. „Die Deutschen gehören zu den stärksten Teams der Welt“, sagt der Bundesligaprofi. Nur mit mannschaftlicher Geschlossenheit könne die Ukraine die Partie offenhalten. Genau daran fehlt es. Auf mehr als zehn verletzte Stammspieler, darunter die Stützen Andrej Woronin (Dynamo Moskau) und Andrej Schewtschenko (Dynamo Kiew), müsse er verzichten, klagt Blochin.
„Wir müssen uns auf unsere Tugenden konzentrieren, auf Technik und Taktik“, unterstreicht der frühere Weltklasse-Linksaußen. Als Spieler hatte Blochin, Europas „Fußballer des Jahres“ von 1975, seine größten Erfolge gegen Bayern München gefeiert - unter anderem 1977 beim 2:0 im Europapokal vor 100 000 Zuschauern im Kiewer Olympiastadion.
In der Arena im Herzen der Hauptstadt soll die Partie gegen Deutschland zu einer großen Feier werden. Staatspräsident Viktor Janukowitsch hat sein Kommen angekündigt, und bei verbilligten Tickets von umgerechnet 18 Euro werden rund 70 000 Besucher erwartet. Rechtzeitig zum ersten Länderspiel im Endspiel-Stadion sei auch der „Nachfolger“ der Plastiktröte Vuvuzela fertig geworden, deren nervendes Gedröhne bei der WM 2010 in Südafrika zu hören war, berichten Medien in Kiew. Die traditionelle slawische Tonflöte Zozulica sei als offizieller Fanartikel anerkannt worden, heißt es.
In der Ukraine haben sieben Monate vor dem EM-Eröffnungsspiel, das am 8. Juni 2012 bei Co-Gastgeber Polen stattfindet, die Schlagzeilen über eine schlechte Vorbereitung abgenommen. Jahrelang war über Korruption und schleppende Bauarbeiten berichtet worden. Jetzt gelten die Stadien in den vier Spielorten des zweitgrößten Flächenstaats Europas als fertig, jedoch bereitet die Infrastruktur noch Sorgen.
Zudem beklagt der Deutsche Tierschutzbund „Massentötungen von Straßenhunden“. Mit den brutalen Maßnahmen wollten die ukrainischen Kommunen vor der Euro 2012 die Straßen „sicherer“ machen. Die Europäische Fußballunion Uefa verspricht eine Prüfung.
„Es stimmt, wir haben noch kleine Probleme“, räumt der ukrainische Verbandschef Grigori Surkis ein. Aber die Ex-Sowjetrepublik bekomme sie in den Griff. An diesem Freitag will sich Surkis im Olympiastadion „einfach zurücklehnen“ und das Spiel gegen Deutschland genießen. „Vielleicht zum ersten Mal seit der Vergabe des Turniers schauen wir nach harter Arbeit der EM optimistisch entgegen.“