Weltmeister Mustafi: „Schlussstrich“ unter WM-Titel
Valencia (dpa) - Er war der überraschendste Weltmeister. Durch die Verletzung von Marco Reus rutschte Shkodran Mustafi erst kurz vor der Fußball-WM in Joachim Löws Kader und kam in drei Partien zum Einsatz.
Im Interview der Deutschen Presse-Agentur erzählt der Innenverteidiger des FC Valencia, warum er Jahresrückblicke dennoch gemieden hat, was er sich gegen die Super-Offensive von Real Madrid ausrechnet und was mit dem Selfie mit Angela Merkel geschehen ist.
Sie haben Silvester in Paris gefeiert. Mit welchem Gefühl haben Sie auf das Jahr 2014 zurückgeschaut?
Mustafi:Es war auf jeden Fall ein sehr positiver Rückblick. Ich hatte nur nicht genügend Zeit, um alles, was im letzten Jahr passiert ist, Revue passieren zu lassen. Deshalb habe ich es einfach nur genossen und gehofft, dass das nächste Jahr genauso erfolgreich wird.
Also konnten Sie es noch gar nicht komplett realisieren, was Sie erreicht haben?
Mustafi:Nein, man braucht schon ein paar Wochen nur für sich. Über Weihnachten habe ich die paar freien Tage genutzt, um den Motor wieder runterzufahren, da wollte ich mir nichts durch den Kopf gehen lassen.
Haben Sie also zum Beispiel auch Jahresrückblicke, in denen die Nationalmannschaft gefeiert wurde, gemieden?
Mustafi:Ich habe es komplett ausgeblendet. Erstens habe ich gar kein deutsches Fernsehen in Valencia und zweitens denke ich, dass man irgendwann einen Haken drunter machen muss. Es stehen im Verein genügend Aufgaben an, von daher habe ich gesagt, ich mache einen Schlussstrich, vergesse die WM und konzentriere mich auf die kommenden Aufgaben. Nach Saisonende lehne ich mich gerne zurück und denke nochmal an die WM.
Das gemeinsame Bild, das Sie nach dem WM-Finale von sich und Angela Merkel geschossen haben, haben Sie aber noch auf Ihrem Handy?
Mustafi:Natürlich, das bleibt da auch erstmal drauf.
Wie groß war die Überwindung, zu fragen?
Mustafi:In so einem Moment gibt es nichts, was man nicht fragen würde.
Nach ihrer Blessur im WM-Achtelfinale waren Sie bei Saisonstart zunächst noch verletzt. Wie schwer ist das Umschalten auf den fußballerischen Alltag da gefallen?
Mustafi:Für mich war es auf jeden Fall besser, weil ich mir weniger Gedanken gemacht habe, dass ich verletzt bin. Ich war zwar noch nicht hundert Prozent fit, aber bereits wieder im Aufbau. Das war ein schönes Gefühl, auch wenn ich gerne noch ein paar Monate im WM-Modus verbracht hätte.
Bundestrainer Joachim Löw hat Sie gegen Spanien zuletzt in einer Dreierkette als zentralen Abwehrspieler eingesetzt. Würden Sie sich mittelfristig in einer defensiven Führungsrolle in der Nationalmannschaft sehen?
Mustafi:Für mich war es keine Führungsrolle, ich habe immer schon gesagt, für mich ist egal, wo der Trainer mich einsetzt. Wenn der Trainer der Meinung ist, dass ich Innenverteidiger spielen soll, spiele ich Innenverteidiger. Mir ist wichtig, dass ich das Vertrauen vom Trainer habe und wenn der Trainer mich aufstellt, habe ich das Vertrauen.
In der spanischen Liga liegen Sie mit dem FC Valencia auf dem vierten Platz acht Punkte hinter Spitzenreiter Real Madrid. Wie würden Sie die Perspektiven mit Ihrem neuen Club einschätzen?
Mustafi:Wir haben eine junge Truppe mit Qualität, das wissen wir auch. Uns zeichnet aus, dass wir eine Mannschaft sind, die zwar Qualität hat, aber in der es nicht ausreicht, mit 80 Prozent zu spielen. Das hat jeder Einzelne verstanden, bislang waren wir damit erfolgreich. Im Großen und Ganzen haben wir eine ordentliche Hinrunde gespielt.
Am Sonntag geht es nun gegen Real. Wie stoppt man so eine Offensive um Superstar Cristiano Ronaldo?
Mustafi:Wenn man sich die Statistiken anschaut, muss man sagen, dass sie eine sensationelle Hinrunde gespielt haben. Bislang hatten wir aber für jede Mannschaft eine Lösung, gerade zu Hause haben wir uns gegen egal welche Mannschaft gut geschlagen. Wir werden uns nicht verrückt machen, dass Real kommt. Wir sind zu Hause stark genug und mit so viel Selbstvertrauen vollgetankt, dass wir sie schlagen können.
Hatten Sie Kontakt zu Toni Kroos vor der Partie?
Mustafi:Zu Toni hatte ich keinen Kontakt, über die Feiertage war ja jeder bei seiner Familie zu Hause. Mit Sami (Khedira) habe ich kurz geschrieben.
Sie haben einen Vertrag über fünf Jahre unterschrieben, mit welcher Intention haben Sie sich so lange gebunden?
Mustafi:Es war das Angebot des Vereins, mir haben die Pläne des Clubs gefallen. Wir versuchen hier etwas mit jungen Spielern aufzubauen.
Inwiefern spielt die Bundesliga trotzdem in Ihren Zukunftsüberlegungen noch eine Rolle?
Mustafi:Natürlich ist die Bundesliga weiter interessant für mich. Aber bei jedem Schritt war mir wichtig, dass es der richtige ist. Bei den Angeboten im Sommer war es für mich das Beste, nach Valencia zu kommen. Bislang hat sich das auch so bestätigt, aber natürlich ist die Bundesliga ein Thema für mich, ganz klar.
ZUR PERSON: Shkodran Mustafi (22) kam als Sohn albanischer Einwanderer in Bad Hersfeld zur Welt. Nach Stationen beim Hamburger SV, FC Everton und Sampdoria Genua wechselte der Verteidiger vor dieser Saison zum FC Valencia. Im Sommer schaffte er überraschend den Sprung in den WM-Kader - und stand beim Weltmeisterschaftstriumph in drei Partien auf dem Platz.