Zwanziger: Menschenrechte Kriterium für WM-Vergabe

Brüssel (dpa) - Theo Zwanziger ist sich sicher: Die FIFA hat aus dem Katar-Desaster gelernt. Die Achtung von Menschenrechten soll künftig bei der Vergabe von Weltmeisterschaften eine größere Rolle spielen.

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Das betonte der deutsche FIFA-Funktionär bei einer Anhörung vor dem Menschenrechtsausschuss des Europaparlaments in Brüssel zur Situation im umstrittenen WM-Gastgeberland 2022. „Die WM-Vergabe an Katar hat zu einem Zeitpunkt stattgefunden, (...) in der Menschenrechtsfragen nicht im hohen Maße thematisiert wurden“, sagte Zwanziger. „Wir werden diesen Fragen einen wesentlich größeren Stellenwert beimessen müssen“. Schon bei der Ausschreibung und beim Bieterverfahren müsse dies eine Rolle spielen. Zeit für eine Änderung der eigenen Statuten hat die FIFA genug. Die nächste WM-Vergabe steht wohl erst in fünf Jahren für das Turnier 2026 an.

An der schwierigen Katar-Situation ändern diese Aussagen für die FIFA ohnehin nichts. Auch künftig will die Politik ein Auge auf die Entwicklungen am Golf haben. „Eine Delegation (des Europaparlaments) wird Ende März nach Katar geschickt“, sagte die Ausschuss-Vorsitzende Barbara Lochbihler (Grüne). Bereits im November hatte das Parlament die Lage der Wanderarbeiter in Katar scharf kritisiert. Handfeste Sanktionen kann das Parlament aber nicht beschließen, weil seine Kompetenzen in der Außenpolitik begrenzt sind.

Die FIFA muss letztlich selbst Schlüsse ziehen, wie sie mit dem anhaltenden öffentlichen Druck umgeht. Zwanziger kommt dabei weiter die Rolle des interne Mahners im Weltverband zu. „Das Land Katar muss bei seinen Investitionen in Beton zunächst einmal die Frage stellen, wie wirkt sich das auf die Menschen aus, die diesen Beton verarbeiten müssen?“, sagte Zwanziger. Er erinnerte aber daran, dass Baumaßnahmen speziell für die WM 2022 gerade erst beginnen und bisher nur 38 Arbeiter daran beteiligt seien. Es sei nicht sinnvoll, Katar nun die WM wieder zu entziehen: „Das wäre ja absolut kontraproduktiv. (...) Dann geht der Zirkus dort weiter.“

Das Land und auch die FIFA als WM-Organisator waren nach Berichten über Hunderte tote Gastarbeiter in dem Land am Golf unter Beschuss geraten. Das hat auch die Politik auf den Plan gerufen. Das heftig kritisierte Kafala-System zum Umgang mit Gastarbeitern „können wir nicht aus den Angeln heben“, sagte Zwanziger. Bei diesem System gibt der Staat die Verantwortung für ausländische Leiharbeiter in die Hände der Arbeitgeber. Diese müssen zum Beispiel ihre Pässe abgeben und können das Land nicht verlassen. „Dieses feudale System hat es ja auch schon vor der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft gegeben“, sagte Zwanziger.

Zwanziger mahnte, die FIFA trage nicht allein die Verantwortung für den Umgang mit Katar. Auch Politik, Wirtschaft und nationale Verbände sowie die Clubs dürften vor den Zuständen im Land nicht die Augen verschließen. „Die Clubs, die gerade jetzt wieder in großer Zahl Trainingslager in Katar besuchen, können natürlich nicht an diesen Umständen vorbeisehen.“ In diesem Winter absolvierten zum Beispiel der FC Bayern München und der FC Schalke 04 ihre Vorbereitung auf die Rückrunde zum wiederholten Male in Katar.

Nach einem Bericht der britischen Zeitung „Guardian“ sind in Katar in den vergangenen beiden Jahren bei Bauprojekten mehrere Hundert Gastarbeiter ums Leben gekommen. Diese Berichte hatten die FIFA als WM-Ausrichter massiv unter Druck gesetzt. Der Fußball-Weltverband hatte daraufhin von Katar einen Situationsbericht und eine Verbesserung der Bedingungen gefordert. Zwanziger gilt als einer der größten Gegner der Katar-WM im FIFA-Führungszirkel.