Kein Ende im FIFA-Chaos: Untersuchung wird untersucht

Zürich (dpa) - Die größte Krise in der 110-jährigen Geschichte der FIFA ist noch lange nicht ausgestanden und auch den WM-Gastgebern Russland und Katar droht neues Ungemach.

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Theo Zwanziger forciert die Veröffentlichung des sogenannten Garcia-Berichts, die deutsche Politik kritisiert die Verschleppungs-Taktik des Fußball-Weltverbandes und befürchtet sogar negative Auswirkungen auf die deutsche Olympia-Bewerbung. In Briefen an DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und den FIFA-Spitzenfunktionär Zwanziger fordern Abgeordnete der Grünen eine vollständige Veröffentlichung des Reports von Chefermittler Michael Garcia.

Anderenfalls bleibe die FIFA „ein Synonym für Intransparenz, Korruption und Vetternwirtschaft“, heißt es in den Schreiben von Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und dem sportpolitischen Sprecher Özcan Mutlu.

Darüber hinaus monieren sie, dass der „Eindruck fehlender Selbstkontrolle internationaler Sportverbände einen langen Schatten auf die Diskussion um eine Bewerbung Deutschlands für Olympische Spiele“ werfe. „Denn der Vorwurf der Korruption in den Weltsportverbänden ist eines der stärksten Argumente gegen internationale Sportgroßveranstaltungen.“

Von einem Schlussstrich unter die peinlichen Vorgänge rund um die Korruptions-Ermittlungen kann jedenfalls trotz des Freispruchs durch den deutschen Richter Hans-Joachim Eckert vor Wochenfrist keine Rede sein. Nach dem Spitzentreffen der beiden viel gescholtenen Ethikhüter Garcia und Eckert in der Zentrale des Fußball-Weltverbandes in Zürich geht nun auch FIFA-Exekutivkomitee-Mitglied Zwanziger in die Offensive.

Der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes forciert die Veröffentlichung des sogenannten Garcia-Untersuchungsberichts und nimmt seine Kollegen aus der FIFA-Regierung in die Pflicht. „Nach den Irritationen der vergangenen Tage ist es wichtig, möglichst bald Erkenntnisse über den Untersuchungsbericht Garcias zu gewinnen“, sagte Zwanziger am Freitag dem Internetportal „FAZ.net“.

Aktuell verbietet Artikel 36 im FIFA-Ethikreglement eine Veröffentlichung. „Dieses Verbot möchte ich lockern, damit das FIFA-Exekutivkomitee, aber auch die Öffentlichkeit in einer angemessenen Form über die Inhalte der Untersuchung unterrichtet werden“, sagte Zwanziger. Dabei müssten allerdings die Rechte von Betroffenen gewahrt werden. Über den Antrag soll die Exekutive bei ihrer nächsten Sitzung am 18. Dezember in Marokko abstimmen.

Die mit Spannung erwartete Aussprache von Chefermittler Garcia und dem deutschen Richter Eckert mündete am Donnerstagabend in einer gemeinsamen Erklärung der zerstrittenen Protagonisten. Garcia hatte bei der FIFA-Berufungskommission Einspruch gegen Eckerts Urteil eingelegt. Dieser hatte die WM-Gastgeber 2018 und 2022 vom Vorwurf der Korruption freigesprochen und damit weltweit Empörung ausgelöst.

Dass sich nun in Domenico Scala ein weiterer FIFA-Kontrolleur mit der Sache beschäftigen soll, wirft gleich mehrere Fragen auf: Spielen die Beteiligten auf Zeit? Soll die Wiederwahl von Präsident Joseph Blatter im Mai 2015 nicht mit FIFA-unerfreulichen Erkenntnissen gefährdet werden? Wann herrscht Klarheit darüber, was vor der Wahl im Dezember 2010 passierte? Gegen wen ermittelt die Untersuchungskammer?

Eine Annäherung zwischen Garcia und Eckert fand während der mehrstündigen Unterredung im Home of FIFA jedenfalls nicht statt. Nun soll der komplette 430-seitige Bericht von Garcia an Scala gehen. Der Wirtschaftsexperte aus der Schweiz soll dann entscheiden, ob das Exekutivkomitee Einblick in den vollständigen Bericht erhält.

„Er veranlasst danach alle dafür nötigen Schritte“, hieß es in einer von der FIFA verbreiteten Mitteilung am Donnerstagabend. Wie lange das dauert und wann ein neues Kapitel in der unsäglichen WM-Saga aufgeschlagen wird, ist damit offener denn je. Auch Blatter-Gegenspieler und Präsidentschaftskandidat Jérôme Champagne glaubt, dass das Thema WM in Katar „noch längst nicht beendet“ ist. „Ich rechne bis Mai noch mit Überraschungen, die Einfluss auf die Wahl haben können.“ Grund dafür sei, dass „das FBI und auch die Schweizer Bundesanwaltschaft ermitteln. Das zeigt ja, dass offensichtlich noch nicht alles aufgeklärt ist“, sagte Champagne.