Löw richtet Fokus total auf Frankreich
München (dpa) - Jetzt liegt das ganze Augenmerk auf Frankreich. Nach den Ablenkungen durch DFB-Skandal und Werbeaufnahmen verlangt Joachim Löw von seinen Weltmeistern absolute Konzentration für den wichtigen Test im Land des EM-Gastgebers.
„Ich freue mich, in Frankreich einen Vorgeschmack darauf zu bekommen, was uns dort im kommenden Sommer erwartet“, sagte der Bundestrainer vor dem Abflug zur Partie im EM-Endspielstadion von St. Denis am Freitag (21.00 Uhr). „Wir wollen Spaß haben und die Atmosphäre aufsaugen“, betonte Bayern-Profi Thomas Müller vor dem Klassiker der Fußball-Nationalmannschaft.
Für Löw ist der Schnupperkurs auf EM-Terrain wertvoller als der Jahresabschluss vier Tage später gegen die EM-Verpasser aus den Niederlanden - das verraten alle Botschaften aus dem DFB-Zirkel. Ein weiterer Prestigesieg gegen den Nachbarn nach dem taktisch hart erkämpften 1:0 im WM-Viertelfinale 2014 wäre das passende Signal für die nächste Titelmission im kommenden Sommer. „Frankreich verkörpert auf allen Positionen Weltklasse. Das wird eine echte Aufgabe“, sagte Löws Assistent Thomas Schneider am Mittwoch voller Vorfreude.
Entsprechend sind die Personalplanungen des Bundestrainers ausgerichtet. Die angekündigten personellen Experimente werden sich in Grenzen halten. Nach dem Wirbel um den Rücktritt von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und die WM-Vergabe 2006 soll der Fußball mal wieder im Mittelpunkt stehen. „Ich bin froh, dass wir am Freitag ein Spiel haben und der Ball mal wieder im Vordergrund steht“, sagte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke.
Manuel Neuer wird nur in Paris im Tor stehen. Diesen Einsatz hatte er sich schon im Oktober als Praxistest beim EM-Gastgeber gewünscht. Im Spiel am kommenden Dienstag (20.45 Uhr) in Hannover gegen die Niederlande wird Löw aus dem Trio mit Lokalmatador Ron-Robert Zieler, Bernd Leno und Kevin Trapp auswählen, bestätigte Köpke entsprechende Planspiele.
Ob Rückkehrer Mario Gomez schon in Paris von Anfang spielen oder erst gegen Holland erstmals seit September 2014 wieder in der DFB-Offensive auflaufen darf, ließ Co-Trainer Thomas Schneider noch offen. „Das müssen wir abwarten. Er wird sicher Spielzeit bekommen“, sagte der Löw-Assistent. Der Bundestrainer hatte Gomez nach dessen Formanstieg bei seinem neuen Club Besiktas Istanbul erstmals seit 14 Monaten wieder nominiert. „Wenn er Selbstbewusstsein hat, ist er ein Spieler, der im Sechzehner extrem gefährlich ist. Wenn er in dieser Verfassung ist, kann er uns helfen“, sagte Löw.
„Mario hat wieder Fahrt aufgenommen“, sagte auch Schneider nach den ersten Eindrücken im Training. Alle 24 Akteure des Kaders waren am Mittwoch dabei. Auch der zuletzt grippekranke Christoph Kramer absolvierte die Einheit komplett. Max Kruse machte nach seinem Muskelfaserriss ein individuelles Programm. Für ihn könnte das Frankreich-Spiel noch zu früh kommen, bestätigte Schneider.
Die Turbulenzen um den Rücktritt von Niersbach haben sich im Teamhotel am Englischen Garten inzwischen wieder gelegt. Die zeitraubenden Werbeaktionen waren am Mittwoch mit Ausnahme einer sogenannten „Schreibstunde“, bei der die Spieler Bälle und Trikots signieren, auch abgeschlossen. „Die Jungs haben einen sehr spritzigen Eindruck gemacht. Wir haben so gut trainiert, wie man nach zwei Tagen mit Marketingaktionen trainieren kann“, berichtete Schneider.
Müller wollte den Nebengeräuschen des Fußball-Geschäfts ohnehin nicht zu viel Raum geben und machte vor den Testpartien seine persönliche Berufsauffassung deutlich: „Wir sind im Fußball Unterhalter und dafür da, die Leute glücklich zu machen.“
Ein kleines bisschen Raum für Ablenkung gab es gerade für die drei verbliebenen und immerhin fünf ehemaligen Bayern-Spieler im DFB-Kader aber doch. Das Training fand bei herrlichem Herbstwetter auf dem Gelände ihres (Ex-)Clubs statt - parallel zu dem des deutschen Rekordmeisters. So kam es zu herzlichen Begrüßungsszenen unter anderem mit Philipp Lahm, der am Mittwoch seinen 32. Geburtstag feierte. Auch Löw nahm sich Zeit für einen kurzen Plausch am Zaun des Trainingsplatzes mit seinem ehemaligen Kapitän, den er nach wie vor wohl lieber in DFB-Kleidung als im Bayern-Trikot gesehen hätte.
Die voraussichtliche Aufstellung:
Neuer - Ginter, Boateng, Hummels, Hector - Khedira, Schweinsteiger - Müller, Gündogan, Schürrle - Gomez