Löw schaltet in den Turniermodus - „Fokus auf die EM“

München (dpa) - Auf den vierten WM-Titel soll im Sommer der vierte deutsche EM-Triumph folgen. Den „Startschuss“ zur Tour de France gibt Bundestrainer Joachim Löw schon vor den ersten Länderspielen 2016.

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Turnierjahre sind für Löw besondere Jahre. Und darum freut sich der Bundestrainer nach dem sportlich zähen Länderspieljahr 2015 mit nur neun Partien und dem schrecklichen Schlusspunkt mit der Terrornacht in Paris und der Absage des Testspiels in Hannover gegen die Niederlande auf die großen Herausforderungen bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich.

„Turniere sind auch für mich als Trainer die besonderen Highlights. Das ist etwas anderes als eine Qualifikation. Wenn man diese großen Spiele hat, gegen Spanien, England, Frankreich, vielleicht Italien, ist das etwas Besonderes für die Spieler und für mich als Trainer“, sagte Löw zum Jahreswechsel. Die Einstimmung der aussichtsreichsten EM-Kandidaten auf den Saisonhöhepunkt erfolgt nicht erst bei den ersten Länderspielen am 26. März in Berlin gegen England und drei Tage später in München gegen Italien, sondern bereits in Kürze.

Nach einem Weihnachtsgruß, den die Sportliche Leitung um Löw und Teammanager Oliver Bierhoff an die Spieler und das Betreuerteam verschickt hatte, werden die potenziellen EM-Fahrer am 24./25. Januar in München zusammenkommen. „Im letzten Jahr sind wir leider mit der Absage des Länderspiels in Hannover und den Vorfällen in Paris nicht so glücklich auseinandergegangen. Umso wichtiger wird unser erstes Zusammentreffen bei den Marketingtagen sein“, sagte Bierhoff.

Die frühzeitige Zusammenkunft im Turnierjahr hat sich aus Sicht der Sportlichen Leitung bewährt. „Neben den letzten Marketingproduktionen werden wir die Spieler über unsere Planungen zum Turnier informieren. Und wir können sie trotz weiterer wichtiger Spiele in der Champions League und Liga schon für die EM begeistern, die sollen sie zumindest im Hinterkopf als Saisonhöhepunkt haben. Es ist der Startschuss, wir wollen den Blick und den Fokus der Spieler auf die EM richten“, erläuterte Bierhoff. Bis dahin sollen alle Termine fixiert sein.

„Wir haben wie immer unsere Hausaufgaben gemacht“, erklärte Organisationschef Bierhoff. Die Vorbereitung soll am 23. Mai beginnen, zwei Tage nach dem DFB-Pokalfinale. Das Trainingslager absolviert der dann noch erweiterte EM-Kader in Ascona (Schweiz). Zwei Testspiele sind vorgesehen, bevor Löw mit dem endgültigen Aufgebot von 23 Akteuren, das er bis zum 31. Mai benennen muss, spätestens am 6. Juni das EM-Quartier in Évian-les-Bains beziehen wird. „Dort haben wir uns sofort wohlgefühlt“, sagte Löw zum Jahreswechsel im „Bayerischen Rundfunk“. Im Hotel Ermitage am Genfer See werde die Mannschaft „eine gewisse Ruhe und Abgeschirmtheit“ vorfinden, dort kann sich laut Löw „ein Teamgeist entwickeln“.

Eine schlagkräftige Turnierformation, die zwei Jahre nach dem vierten WM-Titel auch den vierten deutschen EM-Triumph schaffen kann, wird Löw noch finden müssen. Die Qualifikation für die erstmals mit 24 Nationen stattfindende EM-Endrunde verlief trotz des Gruppensieges „zäh“, wie Bastian Schweinsteiger zugab. Der 31 Jahre alte Kapitän, der bei seinem wohl letzten Turnier noch mal Anführer sein möchte, sagte aber auch: „Entscheidend für die EM wird die Vorbereitung zum Turnier sein. Die Quali hat mit dem Turnier an sich wenig zu tun.“

Löw verfügt über ein stabiles Gerüst mit Weltmeistern wie Neuer, Boateng, Hummels, Schweinsteiger, Khedira, Kroos, Müller oder Götze. Dazu kommen als potenzielle Leistungsträger die 2014 in Brasilien wegen Verletzungen fehlenden Dortmunder Ilkay Gündogan und Marco Reus. Auch Newcomer wie der Schalker Himmelsstürmer Leroy Sané oder Jonas Hector drängen sich auf. Der Kölner Außenverteidiger kam 2015 als einziger Akteur in allen neun Länderspielen zum Einsatz.

Löw geht zuversichtlich ins Turnierjahr. „Unsere Spieler haben enorme Qualität“, sagte der 55-Jährige, der in seinen fast zehn Jahren als Cheftrainer mit dem DFB-Team bei einer WM oder EM immer mindestens das Halbfinale erreichte. Bei einem Turnier sei aber entscheidend, dass man die Qualität genau in den Wochen „auf den Punkt“ abrufe.

Die Ukraine (12. Juni), Polen (16. Juni) und Nordirland (21. Juni) sollten in der Gruppenphase keine Stolpersteine darstellen. Das sieht auch Löw so: „Richtig spannend wird es bei einem Turnier definitiv nach der Vorrunde, weil das K.o.-System aus jedem einzelnen Spiel ein Endspiel macht.“ Frühestens im Viertelfinale könnte es zu einem Duell mit Rivalen der Kategorie Spanien oder Italien kommen.

20 Jahre liegt der letzte EM-Triumph 1996 in England zurück. „Wir werden wieder alles dafür tun, damit es reichen kann für den Titel“, versprach Kapitän Schweinsteiger den Fans: „Als Weltmeister können wir uns nur große Ziele setzen, das ist doch klar.“ Auch Löw weiß um die hohe Erwartungshaltung, die ihn und die Mannschaft in jedes Turnierjahr begleitet: „Deutschland ist immer im Favoritenkreis. Von uns erwartet man immer, dass wir um den Titel mitspielen, dass wir weit kommen, dass wir Titel gewinnen.“