Löws Motto nach Özil-Aus: In Polen „nicht herumjammern“
Frankfurt/Main (dpa) - Weltmeister klagen nicht: Auch der Ausfall von Mesut Özil wird den Matchplan von Bundestrainer Joachim Löw für das erwartet schwere EM-Qualifikationsspiel in Polen nicht entscheidend beeinflussen.
„Mesut ist ja nicht der einzige Spieler, der ausfällt“, betonte Löws neuer Assistent Thomas Schneider mit dem Hinweis auf die verletzten Führungskräfte Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira sowie weitere zu ersetzende Spieler: „Wir haben genug Qualität, um das zu kompensieren. Die Situation ist, wie sie ist. Da wollen wir nicht herumjammern“, gab Schneider das klare Motto für den Trip der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zur Partie am Samstag nach Warschau vor.
„Es ist natürlich bitter für uns und in erster Linie für Mesut“, sagte Schneider zur schweren Knieblessur von Özil, die das Fußballjahr 2014 für den Zauberfuß des FC Arsenal vorzeitig beendet hat. „Das ändert aber nichts an unserer Aufgabe, das Spiel zu gewinnen“, ergänzte der Nachfolger von Weltmeister-Cotrainer Hansi Flick. Auf Diskussionen mit Özils englischem Arbeitgeber, der die von DFB-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt prognostizierte zehn- bis zwölfwöchige Wettkampfpause für Özil angezweifelt hatte, will sich die Sportliche Leitung um Löw gar nicht einlassen: „Unsere medizinische Abteilung, der wir sehr vertrauen, hat Mesut diagnostiziert. Ich bin zuversichtlich, dass alles korrekt abgelaufen ist“, unterstrich Schneider in Frankfurt.
Nachnominierungen wird es zumindest für die erste der beiden anstehenden EM-Ausscheidungspartien nicht geben. „Wir haben nichts geplant, sind mit dem bestehendem Kader sehr zufrieden“, bemerkte Schneider. Der nach einem grippalen Infekt zum DFB-Team nachgereiste Schalker Julian Draxler und der zuletzt im Training pausierende Chelsea-Profi André Schürrle sollten noch vor der Abreise nach Polen wieder voll belastet werden. „Wie es im Fußball so ist: Es gibt immer jemanden, der den anderen ersetzt. Wichtig wird sein: Wer aufläuft, muss eine Superleistung bringen“, sagte Weltmeister Thomas Müller.
„Die Einstellung ist sehr professionell und zielstrebig“, berichtete Müller aus dem inneren Zirkel. Allerdings sei die richtige Einstellung und Mentalität auch nötig: „Wir müssen schon an die Grenze gehen, weil Polen kein Gegner ist, den man locker und leicht im Dreivierteltakt austanzt“, betonte der Münchner Offensivspieler. Der beste Brasilien-Torschütze des deutschen Teams könnte in Polen im offensiven Mittelfeld in die Zentrale rücken, flankiert von Schürrle rechts und Lukas Podolski links.
Der gebürtige Pole Podolski hatte im letzten Pflichtspiel gegen den Nachbarn bei der EM 2008 (2:0) beide Tore erzielt, zuletzt aber beim DFB und auch beim FC Arsenal meist nur auf der Bank gesessen. „Ich versuche, immer alles zu machen, was geht. Letztendlich liegt die Entscheidung beim Trainer, sowohl beim Verein, als auch bei der Nationalmannschaft“, sagte Podolski, der Mann mit den meisten Spielen (118) und Toren (47) im aktuellen Kader. Als Angriffsspitze wird im Nationalstadion, 2012 Ort der bitteren EM-Halbfinal-Niederlage gegen Italien, WM-Finaltorschütze Mario Götze erwartet.
Müller, der außer dem Spielort keinerlei Verbindung mehr zu der damaligen bitteren EM-Pleite sieht, hat mit seinem polnischen Bayern-Kollegen Robert Lewandowski bereits ausführlich über das heiße Duell gesprochen. „Natürlich hat jeder seine Kampfansage rausgehauen als Spaß“, berichtete der 25 Jahre alte Müller und flachste: „Wir haben uns auf ein Unentschieden mit Sieg für Deutschland geeinigt.“
Am Freitagvormittag steht für die insgesamt noch 19 Spieler - auch Marco Reus und Mario Gomez sind derzeit nicht einsatzbereit, Benedikt Höwedes ist bei Schalke 04 gerade wieder ins Teamtraining eingestiegen - der Flug von Frankfurt nach Warschau auf dem Programm. „Polen wird mit das schwerste Spiel in der Qualirunde. Von daher müssen wir schon konzentriert sein“, unterstrich Toni Kroos.
„Gegen Polen war es für uns meistens sehr eng. Oft waren diese Spiele Wegweiser, wir alle erinnern uns noch gut an das 1:0 in Dortmund bei der WM 2006. Damals wie heute gilt für die polnische Mannschaft: Sie verfügt über große individuelle Qualität, über viel Erfahrung und einen ausgeprägten Teamgeist“, erklärte Löw. Allerdings weiß der Gegner auch: In den bisherigen 18 Duellen gab es nichts zu holen. Deutschland gewann zwölfmal, sechs Partien endeten Unentschieden.
„Ich hoffe, dass es diesmal endlich klappt. Aber es wird schwer. Deutschland ist nicht umsonst Weltmeister“, bemerkte der Dortmunder Lukasz Piszczek. Kurz vor der WM hatte es in Hamburg mit zahlreichen Neulingen in einem deutschen Perspektivteam 0:0 geheißen. Dieses Mal muss Löw durch die zahlreichen Ausfälle wieder improvisieren: Der Stuttgarter Antonio Rüdiger soll im zweiten Spiel in der EM-Gruppe D nach dem 2:1-Sieg gegen Schottland wohl als rechter Verteidiger Erfahrungen sammeln, der Dortmunder Erik Durm eine Chance auf der linken Abwehrseite bekommen.
Die voraussichtliche Aufstellung:
Neuer - Rüdiger, Boateng, Hummels, Durm - Kramer, Kroos - Schürrle, Müller, Podolski - Götze