Medien: FIFA ermittelt gegen Beckenbauer
Zürich (dpa) - Franz Beckenbauer ist offenbar erneut ins Visier der Ermittler des Fußball-Weltverbands FIFA geraten.
Neben vier anderen hochrangigen Funktionären steht der 69-Jährige Medienberichten zufolge unter Verdacht, im Zuge der Vergabe der WM 2018 nach Russland und der WM 2022 nach Katar gegen den FIFA-Ethikcode verstoßen zu haben. Laut den Berichten von „Welt“, FAZ.net und mehreren britischen Medien sowie der Nachrichtenagentur AP müssen zudem der mögliche FIFA-Präsidentschaftsanwärter Harold Mayne-Nicholls sowie drei Mitglieder der FIFA-Exekutive Sanktionen fürchten.
Die FIFA kommentierte die Berichte nicht, Beckenbauer wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Beckenbauer war zum Zeitpunkt der umstrittenen Vergabe der beiden WM-Turniere deutsches Mitglied der FIFA-Regierung. Im jüngst veröffentlichten FIFA-Bericht des Ethikhüters Hans-Joachim Eckert wird der „Kaiser“ nicht namentlich genannt. Erwähnt wird allerdings die zwischenzeitliche Weigerung Beckenbauers, die Fragen der Ermittler zu beantworten, die während der WM im Sommer zu einer provisorischen Sperre der Fußball-Ikone geführt hatte.
Vor welchem Hintergrund nun die FIFA-Ermittlungen gegen Beckenbauer und die anderen Funktionäre ausgeweitet wurden, blieb zunächst offen. Die Ethikhüter gehen offenbar auch gegen Spaniens Verbandspräsidenten Ángel María Villar Llona und den belgischen FIFA-Chefmediziner Michel D'Hooghe vor. Zudem wird anscheinend auch gegen den Thailänder Worawi Makudi ermittelt. Alle drei sind Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees.
Auch der Chilene Mayne-Nicholls muss sich in einem formellen Verfahren verantworten. Er hatte seinerzeit die Prüfkommission der FIFA geleitet, die alle Bewerber für die WM-Turnier unter die Lupe nahm. Mayne-Nicholls hatte sich zuletzt eine Kandidatur bei der Wahl des FIFA-Präsidenten im kommenden Jahr gegen Amtsinhaber Joseph Blatter offen gehalten.
Eine FIFA-Sprecherin wollte die Berichte am Donnerstag „weder bestätigen noch dementieren“. Dies sei Sache der unabhängigen Ethikkommission. In der vergangenen Woche hatten die beiden Ethikhüter Michael Garcia und Hans-Joachim Eckert bestätigt, dass die Untersuchungskammer „eine Reihe formeller Verfahren gegen Einzelpersonen eröffnet“ habe - ohne Nennung von Namen.
Nach Informationen der „Welt“, die sich auf „FIFA-Kreise“ beruft, soll sich Llona geweigert haben, bei der FIFA-Untersuchung mit dem US-amerikanischen Chefermittler Garcia zu kooperieren. Der 64 Jahre alte Spanier habe es abgelehnt, Fragen zu Vorgängen vor und nach der entscheidenden Abstimmung am 2. Dezember 2010 in Zürich zu beantworten - womit er gegen den FIFA-Ethikkodex verstoßen hätte.
„Wir wissen hier nichts davon. Es wird von unserer Seite sicher keine Erklärung dazu geben. So etwas müsste zunächst die FIFA bekanntgeben“, sagte ein Sprecher des spanischen Verbandes RFEF.
D'Hooghe soll im Fokus stehen, weil sein Sohn nach der WM-Vergabe eine Stelle als Arzt in Katar erhielt. Der 68-Jährige wies in der „Welt“ einen Zusammenhang mit seinem Stimmverhalten schon im Sommer zurück. Er habe jetzt bei der Ethikkommission „ein paar Dinge zu bereits bekannten Fällen klarstellen“ müssen, sagte er der Zeitung. Dem „Telegraph“ erklärte er: „Ich denke, dass mein Fall abgeschlossen ist.“
Auch der Thai Makudi beteuerte seine Unschuld. „Ich verstehe das nicht. Ich habe ein reines Gewissen“, sagte das Mitglied der FIFA-Exekutive der Internetseite „World Football Insider“. Er gehe davon aus, sein Amt behalten zu dürfen. „Ja, weil ich nichts Falsches getan habe.“
Ethikhüter Eckert wies unterdessen erneut Kritik an den bislang veröffentlichen Untersuchungsergebnissen zurück. „Leider ist es in der Juristerei aber so, dass es immer viele Zwischentöne gibt, weil Fakten und Feststellungen zutage treten, die unterschiedlich bewertet werden können“, erklärte Eckert der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Erwartungen der Öffentlichkeit an die Ermittler des Weltverbands seien überzogen, betonte Eckert. Die FIFA werde durch seinen Bericht keineswegs reingewaschen. „Das ist definitiv nicht der Fall. Und ich bin auch kein Blatter-Versteher“, sagte Eckert.