Niersbach: Sommermärchen nicht kaputt machen lassen

Frankfurt/Main (dpa) - DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat in einem offenen Brief an die deutsche Fußball-Basis Eckpunkte für eine moralische Erneuerung der FIFA formuliert und das deutsche Sommermärchen 2006 gegen jeden Korruptionsverdacht verteidigt.

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„Fußball ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Fußball ist Lebensfreude, Freundschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft. All das dürfen und werden wir uns nicht kaputt machen lassen“, schrieb Niersbach in dem Brief an die rund 26 000 Vereine des größten Sportfachverbandes der Welt.

Niersbachs Zehn-Punkte-Plan enthält keine gravierenden neuen Ideen. Vielmehr geht es dem DFB-Chef und FIFA-Exekutivmitglied um die Umsetzung zuletzt am Widerstand internationaler Funktionäre gescheiterter Demokratisierungsprozesse im Weltverband - wie eine Amtszeitbeschränkung oder den Integritätscheck für FIFA-Topleute durch externe Experten.

Konkretere Vorschläge als bislang vorhanden macht Niersbach zum WM-Vergabeverfahren, in dem künftig auch Menschenrechtsfragen berücksichtigt werden sollen. Recht vage bleibt der 64-Jährige bei den Themen „Kontrolle der Geldflüsse“ oder der Stimmengewichtung im FIFA-Kongress, wo alle 209 FIFA-Mitglieder bislang gleichberechtigt sind, was dem großen DFB schon lange missfällt.

Besondere Herzensangelegenheit ist Niersbach die Verteidigung der Heim-WM 2006 gegen jeden aufkommenden Korruptionsverdacht. Es sei traurig zu sehen, „wie Gier und fehlende Moral einiger Weniger den gesamten Fußball unter einen Generalverdacht stellen, bis hin zu unserem wunderbaren 'Sommermärchen', für das sich so viele Menschen mit großem Idealismus eingesetzt haben“, schrieb Niersbach.

„Wir haben bei unserer Bewerbung nicht mit unlauteren Methoden agiert, vielmehr bekam Deutschland nach acht Jahren akribischer Arbeit 2000 in einem sauberen Verfahren den Zuschlag und präsentierte sich 2006 der Welt als freundlicher, freundschaftlicher Gastgeber“, betonte der DFB-Chef, der damals als OK-Stellvertreter und rechte Hand von Franz Beckenbauer maßgeblich beteiligt war.

Zuletzt hatte es aus der deutschen Politik Forderungen nach einer Untersuchung der WM-Vergabe gegeben. Mehrere andere Turniere, besonders die WM 2010 in Südafrika, stehen unter akutem Verdacht, durch Millionen-Bestechungszahlungen an FIFA-Funktionäre ermöglicht worden zu sein. Südafrika war Deutschland bei der Abstimmung für das Turnier 2006 mit 11:12 Stimmen knapp unterlegen gewesen.

Niersbach war für sein Auftreten rund um den FIFA-Kongress Ende Mai mit der Wiederwahl von Präsident Joseph Blatter und seinem eigenen Einzug in die FIFA-Exekutive auch kritisiert worden. Als Freund von Blatter-Gegner Michel Platini habe er den Schlinger-Kurs des Franzosen inklusive einer Boykott-Drohung mitgetragen, hieß es in diversen Reaktionen. Am Tag nach der Wahl Blatters hatte sich Niersbach dann bis zu dessen überraschender Rückzugsankündigung nicht mehr energisch von dem Schweizer distanziert, obwohl er zuvor massiv dessen Rückzug gefordert hatte.

Nun kehrte er zu seiner klareren Anti-Blatter-Linie zurück. Niersbach betonte in dem Brief, dass der angekündigte Wechsel an der FIFA-Spitze nun schnellstmöglich im Rahmen der Statuten vollzogen werden müsse. Blatter dürfe aber nicht mehr - wie von diesem nun forciert - die Kontrolle über die anstehenden Reformen haben. Der kommende FIFA-Präsident müsse vom Kongress mit einer Agenda betraut werden. Die FIFA kündigte am Mittwoch an, dass das Exekutivkomitee im Juli bei einer Sondersitzung den genauen Fahrplan für die Wahl des kommenden Präsidenten festlegen werde.