Pfiffe als Geburtstagsständchen für Neuer

Nürnberg (dpa) - Dieses verfrühte Geburtstagsständchen tat Manuel Neuer weh. Joachim Löw machte es sogar richtig böse.

„Jetzt hat er mal einen Fehler gemacht, ganz klar. Aber deswegen muss man nicht alles mit Häme begleiten“ kritisierte der Bundestrainer das Pfeifkonzert und ironische Gejohle der Fans, das Neuer nach dem ungeschickten Patzer gegen Kasachstan fortan bei jeder Ballberührung ertragen musste.

Der Bayern-Schlussmann hätte zu gerne mit einem besseren Gefühl in seinen 27. Geburtstag am Mittwoch hineingefeiert. So stand er aber nach seinem Geschenk für die Kasachen am Dienstagabend kurz vor Mitternacht bedröppelt vor Kameras und Mikrofonen und musste den Aussetzer erklären, der beim 4:1-Sieg der Fußball-Nationalmannschaft das Gegentor ermöglicht hatte.

„Das war ein klarer Fehler von mir. Es wäre besser, wenn ich es nicht spielerisch gelöst, sondern den Ball irgendwo hingeschlagen hätte, aber es ist so und ich kann es nicht ändern“, sagte Neuer.
Bei seiner medialen Mea-Culpa-Tour durch die Katakomben des Nürnberger Fußballstadions machte der 38-fache Nationalspieler klar, dass er seinen modernen und oft riskanten Spielstil nicht ändern möchte. „Natürlich ärgere ich mich darüber. Ich werde jetzt nicht ein Kopfkino fahren und versuchen da ständig zu sagen: 'Warum hast Du das gemacht'? Es gibt andere Lösungen für diese Situationen, und das weiß ich auch, und entsprechend gehe ich meinen Weg weiter.“

Löw verlangt von seinen Torhütern die mutige Spieleröffnung. Und sie ist eigentlich Neuers Spezialität. Dass er kurz nach der Pause einen Gegenspieler übersah, den Ball vertändelte und der Fürther Heinrich Schmidtgal einschieben konnte, ist Neuers persönliches Berufsrisiko. Er patzt selten, aber stets spektakulär. „Manuel Neuer soll, wenn er Anspielmöglichkeiten hat, versuchen, den Ball herauszuspielen“, sagte Löw. Seinen Stil solle er „auf keinen Fall ändern“.

Auf die Torhüter-Hierarchie hat der für den Gesamterfolg letztlich folgenlose Patzer keine Auswirkungen. Hamburgs Rene Adler ist als Konkurrent in dieser Saison zurückgekehrt. Das hat auch Neuer registriert. Er ist aber die Nummer eins bei Löw - ohne jeden Zweifel. Obwohl die Nationalmannschafts-Saison nicht perfekt lief. Mit sieben Gegentoren in sieben Spielen liegt Neuer deutlich über seinem Bundesliga-Rekordschnitt von 0,44 Gegentoren bei den Bayern.

Der Münchner hatte die Größe, seinen Fehler sogar zur Ursache für die zähe zweite Spielhälfte zu erklären. „Man sieht ja den Unterschied zwischen der ersten und zweiten Halbzeit. Und dadurch, dass ich den Fehler gemacht habe in der zweiten Halbzeit, hat man schon bei einigen Spielern eine Verunsicherung gesehen.“

Auf die ungewöhnlich heftige Reaktion der Fans wollte Neuer nicht eingehen. „Da möchte ich gar nichts zu sagen. Das bleibt jedem selbst überlassen. Gehört habe ich es, abstellen kann ich es nicht“, sagte er, wohlwissend, dass die Antipathie auch einen Franken-Faktor hatte. Als Münchner ist auch ein Ex-Schalker in Nürnberg nicht beliebt. Kapitän Philipp Lahm fand die Reaktionen dennoch unpassend: „Das ist nicht schön und fehl am Platze.“