Platini: Blatter „wollte mich erledigen“
Nyon (dpa) - Der Rückzug des verbannten Michel Platini manifestiert die aktuelle Favoritenrolle von Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa im Rennen um die FIFA-Präsidentschaft.
Keine 50 Tage vor der Kür in Zürich geht der Bahrainer auch dank der europäischen Führungskrise aus der besten Position in die letzten Phasen des Fünfer-Wahlkampfs.
Nach der „erwartungsgemäßen“ Aufgabe von Platini will der Deutsche Fußball-Bund seine Strategie nun binnen zwei Wochen festlegen - ließ zunächst aber noch das erwartete Votum für UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino offen. „Das Präsidium wird in seiner nächsten Sitzung am 22. Januar darüber beraten, welchen Kandidaten der deutsche Fußball bei der Wahl zum FIFA-Präsidenten nunmehr unterstützen wird“, teilte Interimspräsident Reinhard Rauball auf dpa-Anfrage mit. Zuvor werden man sich „selbstverständlich“ auch eng mit der UEFA und dem zurückgetretenen DFB-Chef Wolfgang Niersbach, deutscher Vertreter im Exekutivkomitee von FIFA und UEFA, abstimmen.
Doch selbst der für acht Jahre gesperrte Noch-UEFA-Präsident Platini schätzt die Erfolgsaussichten von Infantino äußerst zurückhaltend ein. „Ich denke nicht, dass es einfach wird“, meinte der 60-Jährige vielsagend - und holte lieber noch einmal zur Attacke seines Lieblingsfeindes aus. „Alles ist von Blatter ausgegangen, er wollte mich erledigen“, sagte Platini der Sportzeitung „L'Équipe“ in Richtung des ebenfalls aus dem Fußball verbannten FIFA-Chefs Joseph Blatter.
Klagend berichtete Platini zudem, dass er bereits die überwältigende Unterstützung von 150 Mitgliedsverbänden für seinen Traumposten sicher gehabt hätte - bis die Millionen-Zahlung von Blatter an seinen früheren Intimus aus dem Jahr 2011 beide Top-Funktionäre zu Fall brachte. „Er wollte nicht, dass ich zur FIFA gehe“, erklärte Platini. „Er hat oft gesagt, dass ich sein letzter Skalp wäre, aber er ist zur gleichen Zeit gestürzt wie ich.“
Deutlich diplomatischer äußerte sich Infantino über den unvermeidlichen Schritt Platinis. Mit einem verbalen Balanceakt versuchte der Italo-Schweizer, sowohl seinen (früheren) Chef zu unterstützen, gleichzeitig aber auch seine Unabhängigkeit zu betonen. „Ich wünsche ihm nur das Beste bei seinen Bemühungen, sich zu rehabilitieren und bekräftige, dass ich sein Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren unterstütze“, teilte Infantino am Freitag schriftlich mit. Er habe in seinen Präsidentschaftsambitionen Unterstützung von „vielen Personen aus dem Fußball“ erhalten. „Ich bin mir meiner Verantwortung für sie und alle, die das Spiel leben, bewusst.“
Doch werden solche hehren Worte reichen? Vor allem da Al Chalifa im Wahlkampf gegen Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien, den Franzose Jérôme Champagne, Tokyo Sexwale aus Südafrika und Infantino schon Unterstützung über sein asiatisches Stammlager hinaus gesammelt haben soll.
Al Chalifa steht zwar in der Kritik von Menschenrechtsorganisation - seiner Familie wird vorgeworfen, an der Niederschlagung der Anti-Regierungsproteste im Bahrain beteiligt gewesen zu sein. Zuletzt hatte allerdings auch Rauball zurückhaltend-positiv über den Chef der asiatischen Konföderation gesprochen. Offenbar soll der Scheich in Fußball-Europa salonfähig gemacht werden. Denkbar ist dabei auch ein Deal, dass Al Chalifa nach erfolgreicher Wahl Infantino den Posten des FIFA-Generals offeriert.