Podolski war der Faulste - wie Impire den gläsernen Fußballer erschafft
Der Kölner Ex-Kapitän und Schalke sind lauffaul, Lell schnell, Götze umtriebig. Die Münchner Impire AG zerlegt die Bundesliga mit Hilfe von Daten in ihre Einzelteile. Die DFL und mehrere Bundesligaclubs zählen zu den Kunden.
München. Es ist nicht bekannt, ob Lukas Podolski in dieser Woche in die Räumlichkeiten der Impire AG in München-Ismaning eingedrungen ist und mal ordentlich auf den Tisch des Hauses gehauen hat. Grund genug hätte er.
Denn der Stürmer vom 1. FC Köln ist von dem dort beheimateten Datenlieferanten als lauffaulster Profi des ersten Bundesliga-Spieltags überführt worden. 8,9 Kilometer spulte der Nationalspieler beim 0:3 gegen Wolfsburg ab.
Und wenn Kölns neuer Trainer Stale Solbakken wollte, hätte er Podolski seinen bescheidenen Tätigkeitsnachweis schon zur Halbzeit unter die Nase halten können.
„Theoretisch ist das möglich“, sagt Tim Schober, Sales Marketing Manager bei der Impire AG. Die Spieldaten werden „getrackt“, das heißt von einem Kamera basierten System im Stadion aufgezeichnet und per Datenleitung verarbeitet. „In Echtzeit“ könnten sie zur Verfügung gestellt werden.
Die Impire AG operiert seit über 20 Jahren im Fußball-Geschäft, zur neuen Saison aber haben die Münchner ihr System gewaltig erweitert. Spiel- und Spielergeschwindigkeit, Positionsdaten, Laufstrecken, dazu Zweikämpfe, Freistöße, Ecken und Ballkontakte — alles wird erfasst.
Drei Scouts je Spiel sitzen in den Firmenräumen in Ismaning, einer im Stadion. Dazu kümmern sich allein jeweils drei Mitarbeiter in jedem Stadion um das technische System: In jedem Erst- und Zweitliga-Stadion der Republik sind in luftiger Höhe zwei stationäre Kameras installiert, die das Geschehen in seine Einzelteile zerlegen.
Abnehmer ist in erster Linie die Deutsche Fußball-Liga (DFL). „Im März dieses Jahres haben wir die Ausschreibung der DFL gewonnen“, sagt Schober. Die Liga hatte ein Interesse daran, ihr „Rasengeschäft“ noch besser verkaufen zu können. Mehr Details, mehr Interesse.
Zudem stellt sie das Rohmaterial den Bundesliga-Klubs zur Verfügung, Impire veredelt die Daten für weitere Kunden, stellt Vergleiche und Analysen her. Inzwischen sind auch diverse Medien Kunden des Unternehmens, die Auswertung fließt in die Berichterstattung mit ein.
Und so treten Wahrheiten zutage, die das Spiel durchschaubarer machen sollen. Etwa die: Keine Mannschaft lief am ersten Spieltag so wenig wie Schalke 04 beim 0:3 gegen Stuttgart.
Was durchaus motivierend für kommende Aufgaben wirken könnte, sieht Schalkes Torwart Ralf Fährmann eher nüchtern: „Dass wir nicht viel laufen, kann ja auch heißen, dass wir als Mannschaft gut stehen.“ Die Niederlage spricht allerdings gegen diese mutige These. Noch ein Fakt: Den schnellsten Sprint lief Christian Lell von Hertha BSC mit 33 km/h.
65 Festangestellte und 190 freie Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, das sich auf den Fußballmarkt konzentriert. Schon länger sind diverse Erstligisten Kunden. Meister Borussia Dortmund hat schon in der vergangenen Saison auf die Dienste vertraut, Jürgen Klopp lässt sich die Zahlenkolonnen jeweils übersichtlich aufbereiten. Auch Felix Magath in Schalke und Borussia Mönchengladbach haben auf den Dienstleister vertraut.
„Kein großer Klub kann mehr auf diese Daten verzichten“, findet Schober, der den Hype um die neue Technologie einordnet: „Das wird sich auch wieder beruhigen. Aber auch danach sind die Daten wertvoll.“ Zum Beispiel dann, wenn der Trainer nach einer Verletzung sehen kann, wie fit die Spieler zurückkommen.