Umstrittene Regel Profivereine diskutieren: Was wird aus 50+1?

Frankfurt/Main (dpa) - Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge plädiert für eine Freigabe, Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke für den Erhalt und Eintracht Frankfurts Vorstand Axel Hellmann für eine Reform.

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Im deutschen Profifußball gehen die Meinungen über die umstrittene 50+1-Regel, die eine Übernahme der Erst- und Zweitligisten durch externe Investoren verhindert, weit auseinander. Wenn sich die Vertreter der 36 Profivereine an diesem Donnerstag in einem Hotel am Frankfurter Flughafen treffen, fällt zwar noch keine Entscheidung. Die Diskussion über die künftige Ausgestaltung der Regel dürfte aber kontrovers verlaufen.

Ein weiteres Topthema bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga ist die reguläre Einführung des Videobeweises, der sich momentan noch in der Testphase befindet, zur kommenden Saison. Zudem soll darüber abgestimmt werden, ob das technische Hilfsmittel in der Spielzeit 2018/19 „offline“, also ohne Auswirkungen auf den Spielbetrieb, in der 2. Bundesliga getestet wird.

In der Bundesliga hat sich die Aufregung um den Videobeweis, der am 3. März ins offizielle Regelwerk des Weltverbandes FIFA aufgenommen worden war und im Sommer erstmals auch bei der WM zum Einsatz kommen wird, mittlerweile etwas gelegt. Doch beim Thema 50+1 schlagen die Wellen immer noch hoch. Vor allem die Fans laufen Sturm gegen eine Aufweichung oder gar Abschaffung der Regel, die den Stammvereinen die Stimmenmehrheit in den Fußball-Kapitalgesellschaften garantiert.

„Bundesweit wird ein Sturm heraufziehen, sollten die Verantwortlichen bei DFB und DFL nicht schleunigst ein Machtwort für den Erhalt von 50+1 in seiner jetzigen Form sprechen: Die angestrebte Diskussion um 50+1 ist eben nicht nur eine Schönheitsdiskussion um irgendwelche Vereins-und Unternehmensstrukturen, sondern definitiv der sportpolitisch wichtigste Kampf in der nahen Zukunft für alle Fans“, verkündete das überregionale Bündnis ProFans unlängst.

Fast 3000 Fangruppen haben sich deutschlandweit mittlerweile der Initiative „#50plus1bleibt“ angeschlossen. Sie alle fürchten, im Zuge der fortschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs auf der Strecke zu bleiben. Als mahnendes Beispiel wird immer wieder die englische Premier League angeführt, wo die Fankultur in den vergangenen Jahren einen schleichenden Tod erfuhr.

Das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen den Fans und den Fußball-Dachorganisationen DFB und DFL stünde vor einer Zerreißprobe, sollten die Profivereine den Weg für eine gravierende Änderung der Regel frei machen.

BVB-Geschäftsführer Watzke kündigte daher vor einigen Wochen in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ an: „Wir werden weiter für 50+1 kämpfen. So lange mir keiner der Gegner schlüssig erklären kann, warum man 50+1 abschaffen soll, obwohl Real Madrid und Barcelona als Vereine mit 50+1 die erfolgreichsten Klubs der Welt sind, kämpfe ich für den Bestand dieser Regel.“

Ganz anders ist die Stimmungslage beim Branchenprimus in München. „Ich hoffe, dass die Deutsche Fußball-Liga die 50+1-Regel freigeben wird“, verkündete Bayerns Vorstandschef Rummenigge vor zwei Wochen in einem Interview des Magazins „GQ“. Jeder Verein sollte für sich selbst entscheiden können, „ob er sich für Investoren öffnet, wie weit er sich für Investoren öffnet oder ob er sich gar nicht öffnet.“

Einen dritten Weg hat Eintracht-Vorstand Hellmann ins Gespräch gebracht. Er plädiert für eine Regel-Reform - allerdings mit klaren Vorgaben für einen Einstieg von Investoren. Diese müssten die Wurzeln, die Tradition und Kultur des Clubs akzeptieren und dürften nicht den Anspruch haben, die Identität des Clubs zu verändern.

Henrik Drinkuth, Anwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Berlin, rät dazu, „den Vereinen zu überlassen, welche beschränkenden Regelungen sie mit Investoren treffen. Die DFL sollte hier, wenn überhaupt, nur punktuell eingreifen und nur zwingend notwendige — und rechtssichere — Vorgaben machen“, sagte Drinkuth der Deutschen Presse-Agentur. Die Vereine sollten sich zudem Gedanken über die Rechtsform ihrer Fußball-Kapitalgesellschaften machen. „Die GmbH bietet am meisten Gestaltungsspielraum“, so Drinkuth.