Steuerbegünstigte FIFA hat den Status eines Jodlerclubs
Zürich (dpa) - Dass Josef Blatter ein Schweizer ist, erfüllt durchaus nicht jeden Eidgenossen mit Stolz. Abgesehen vom Ruf des von ihm geführten Fußball-Weltverbands als Hort der Korruption stören sich viele daran, dass die FIFA steuerliche Privilegien genießt.
Die FIFA soll etliche Milliarden einnehmen - wie macht sie das?
Das Geschäft mit dem Fußball sei längst „zur vergoldeten Geldmaschine geworden“, resümierte die Schweizer „Tages-Zeitung“, als sie Einnahmen und Ausgaben der in Zürich ansässigen FIFA unter die Lupe nahm. Das meiste Geld verdient die FIFA mit den Weltmeisterschaften. Bei der ersten WM 1930 in Uruguay betrug der Gewinn lediglich 500 Franken (derzeit 483 Euro). Auf insgesamt 3,5 Milliarden Franken werden die Gesamteinnahmen allein im Zusammenhang mit der WM in Brasilien 2014 geschätzt.
Was sind die bedeutendsten Einnahmequellen?
Ganz oben steht der Handel mit den Rechten zur Fernsehübertragung. Hunderte von Millionen Dollar kommen auch durch Marketing-Rechte zusammen. Unzählige Unternehmen stehen Schlange, um bei WM-Spielen ihre Werbung einem Millionenpublikum zeigen zu können. Enorme Bedeutung hat das Sponsoring, darunter durch Sportartikel-Hersteller, Getränke- und Autokonzerne. Nach dem Geschäftsmodell der FIFA tragen die jeweiligen Gastgeberländer einer WM alle Kosten. Und wer sie ausrichten will, muss der FIFA für ihre Geschäfte rings um die WM Steuerfreiheit garantieren.
Bei solchen Gewinnen müssten aber doch im Land des Hauptsitzes erhebliche Steuern anfallen. Bekommt die FIFA in der Schweiz eine Sonderbehandlung?
Das schon, aber nur insofern, als die Schweiz ihre Organisationsform als gemeinnütziger Verein anerkennt. Damit ist sie nicht völlig steuerbefreit. Als Verein zahlt die FIFA Gewinnsteuern in Höhe von 4 Prozent - während der Fiskus bei Wirtschaftsunternehmen 8 Prozent abzweigt, also das Doppelte. Hinzu kommt in beiden Fällen eine Kapitalsteuer in Höhe von 0,75 Prozent auf das Eigenkapital.
Aber der Status der FIFA als Verein ist doch umstritten?
Ja und dabei wird auch immer wieder auf Millionen-Boni verwiesen, die sie an ihre Führungskader ausgeschüttet hat. Wie das mit Gemeinnützigkeit vereinbar ist, fragen sich viele. 2011 wurde im Schweizer Parlament eine entsprechende Petition behandelt, die mehr als 10 000 Menschen unterschrieben hatten. „Es gibt doch keinen Grund, der FIFA den gleichen rechtlichen Status zu gewähren, wie einem Jodlerclub im Berner Oberland“, sagte der sozialdemokratische Abgeordnete Cédric Wermuth. Der Antrag wurde mit 116 zu 67 Stimmen abgelehnt.
Hat die Debatte denn jetzt nicht wieder Auftrieb bekommen?
Absolut, aber Schweizer Politikern ist auch klar, dass die FIFA längst nicht der einzige internationale Verband in ihrem Land ist, der vom Vereinsstatus profitiert. Insgesamt haben sich in der Eidgenossenschaft mehr als 60 internationale Sportorganisationen niedergelassen - angefangen vom guten alten Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vor rund 100 Jahren bis zu etlichen kleineren Verbänden. Zusammengenommen bieten sie Tausende Jobs und zahlen beachtliche Summen an den Fiskus. Ohne Vorzugsbedingungen könnten viele über andere Standorte nachdenken.
Und wofür gibt die FIFA ihr Geld aus?
Etliche Millionen kommen tatsächlich der Förderung und Entwicklung des Weltsports Fußball zugute. Die FIFA gibt große Summen für Entwicklungsprogramme aus und so mancher Star von heute hätte in seiner Heimat schlechtere Chancen gehabt, wäre er nicht in einem von der FIFA mitfinanzierten Programm gefördert worden. Freilich hat das auch zur Folge, dass der umstrittene FIFA-Chef sich bislang dank der Zuneigung nationaler Fußball-Verbände in Afrika und Asien immer einer Mehrheit bei der Präsidentenwahl sicher sein durfte.