Partynacht in Krakau U21 feiert Titel-Coup: „Gibt nicht viel schönere Gefühle“
Krakau (dpa) - Den silbernen Pokal gaben die neuen deutschen U21-Europameister auch während der Heimreise nicht aus der Hand.
Spielmacher Max Meyer nahm die Trophäe im Flieger kurzerhand auf den Schoß, Kapitän Maximilian Arnold stattete den Piloten im Cockpit samt Pokal einen Besuch ab. Müde, aber glücklich kamen die EM-Helden nach einer kurzen Nacht wieder in der Heimat an. Gegen 16.30 Uhr landete der Lufthansa-Flieger „Idar-Oberstein“ auf dem Frankfurter Flughafen. „Zu lange Nächte gibt es in solchen Momenten nicht“, sagte Arnold nach der Rückkehr. „Der Abend bleibt lange in Erinnerung.“
Bis in die frühen Morgenstunden feierten Arnold, Meyer und Co. im Stadtzentrum von Krakau. „Im Pokal war eine Menge Alkohol drin“, berichtete Arnold. Trainer Stefan Kuntz genoss den Triumph dagegen dagegen allein mit einer Flasche Rotwein und einer Zigarre vor dem Hotel. „Nach eineinhalb Stunden tiefem, erholsamen Schlaf haben wir es heute Morgen dann erst so richtig realisiert“, er am Tag nach dem 1:0-Finaltriumph über den großen Favoriten Spanien. „Ich glaube nicht, dass es viel schönere Gefühle geben kann“.
Ihre Party in Krakau hatten seine Schützlinge bei einem Bankett mit Familie und Freunden im Garten des Teamhotels gestartet. „Dieses Spiel ist eine Leistung, an die ihr euer Leben lang denken werdet und die euch stolz macht“, lobte DFB-Präsident Reinhard Grindel.
Den großen Favoriten Spanien bezwangen die DFB-Kicker mit Mut, Entschlossenheit, Teamgeist und einer taktisch und spielerisch fast perfekten Leistung. „Wir hatten einen Plan und meine Mannschaft hat es wirklich gut gemacht“, lobte Trainer Kuntz, der seinen Vertrag beim DFB bis 2020 verlängern soll. Der Berliner Mitchell Weiser erzielte per Kopf das entscheidende Tor (40. Minute), anschließend verteidigte das Team den Vorsprung leidenschaftlich.
Den Pokal wollte die Mannschaft gar nicht mehr loslassen, nachdem Arnold ihn im strömenden Regen in den Krakauer Nachthimmel gestemmt hatte. „Jetzt ist es geil, das Ding in der Hand zu halten“, sagte Keeper Julian Pollersbeck, der mit dem Pokal im Arm Interviews gab. Während des Banketts am Finalabend stand die Trophäe auf dem Tisch. „Unglaublich, was die Mannschaft geleistet hat“, sagte Arnold.
Der erste Europameistertitel seit dem Coup der Weltmeister-Generation 2009 wurde noch im Stadion ausgelassen gefeiert. In einer langen Sieger-Polonaise zogen die jungen Profis durch die Katakomben des Cracovia-Stadions und skandierten immer wieder: „Die Nummer eins der Welt sind wir“. Vorsänger Pollersbeck stimmte noch auf dem Rasen und später beim Grillfest sein „Fiderallala“ an, das das Team nach den Spielen zusammen in der Kabine singt. „Wir haben alle mitgegrölt“, berichtete Davie Selke, der das Finale verletzt verpasst hatte.
Mit ihrem Triumph hat die Mannschaft ihre viel beschworene „eigene Geschichte“ geschrieben, wie auch auf den Sieger-T-Shirts zu lesen war. „Ihr werdet euren Enkeln erzählen, was ihr hier geschafft habt“, sagte Sportdirektor Horst Hrubesch. Und das ohne acht potenzielle U21-Spieler, die stattdessen derzeit beim Confed Cup spielen.
„Das ist unfassbar geil“, schwärmte Abwehrchef Niklas Stark, der nach einer Nackenblessur gerade rechtzeitig zum Finale fit geworden war. „Wir haben auf dem Feld Gas gegeben und tun das jetzt beim Feiern auch.“ Trainer Kuntz erschien pitschnass zur Pressekonferenz nach dem Spiel und musste im Verlauf des Abends mehrmals sein mit Bier getränktes Hemd wechseln. „Jetzt die Jungs singen zu sehen, tanzen zu sehen, total glücklich zu sehen, das macht auch den Unterschied aus zu meinem Titel als Spieler“, sagte Kuntz, der auf den Tag genau vor 21 Jahren mit der DFB-Auswahl Europameister geworden war.
Für Kuntz war es ein besonderer Erfolg, hatten ihm doch viele bei seinem Amtsantritt vor zehn Monaten einen solchen Triumph nicht zugetraut. „Wenn das aufgeht, was du dir vornimmst und die Mannschaft das umsetzt, das gibt dir dieses tiefe innere Zufriedenheitsgefühl“, sagte Kuntz. Er sei nach dem Erfolg sehr dankbar und demütig. „Also ich gehe morgen auch noch im Aldi einkaufen“, sagte er schmunzelnd.
Hrubesch vergoss nach dem großen Erfolg auf der Tribüne die eine oder andere Träne. „Vor dieser Leistung kann man sich wirklich nur verneigen. Dieses Spiel war überragend“, lobte er.