Bruch mit Tradition VW löst Mercedes als Generalsponsor beim DFB ab
Frankfurt/Main (dpa) - Der silberne Mercedes-Stern auf der Brust der deutschen Fußball-Weltmeister wird vom schlichten VW-Symbol ersetzt - und auch Joachim Löw als Markenrepräsentant für die Stuttgarter Automobile wird es nicht mehr geben.
Der bisher so markentreue Deutsche Fußball-Bund bricht mit einer langen Tradition: Volkswagen löst Mercedes-Benz von Januar 2019 an nach fast einem halben Jahrhundert als Generalsponsor ab. Der Verband darf sich durch seinen neuen „Mobilitätspartner“ über eine Rekordeinnahme freuen.
Der Wolfsburger Konzern wird damit zum Top-Geldgeber im deutschen Fußball. Die Partnerschaft im DFB-Pokal ist durch den neuen Kontrakt bis 2024 ausgeweitet, dafür wurden bisher jährlich geschätzte sechs Millionen Euro gezahlt. Bundesligist VfL Wolfsburg bekommt als 100-prozentige Konzerntochter rund 80 Millionen Euro pro Saison. Auch bei anderen Erstligisten wie Werder Bremen, RB Leipzig und Hannover 96 ist VW engagiert. Unterstützung erhält zudem Zweitligist Eintracht Braunschweig.
Nun möchte VW auch angesichts des immer noch nicht ausgestandenen Abgasskandals vor allem mit dem heiß begehrten Spitzenprodukt Nationalmannschaft das angekratzte Image aufpolieren. „Auch wenn die Vorgänge nicht vergleichbar sind, eint den DFB und VW die Notwendigkeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die richtigen Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Der Verband war durch die Affäre um die Vergabe der WM 2006 in eine Vertrauenskrise geraten.
Über die Summe, die Volkswagen mit dem neuen Kontrakt bis 31. Juli 2024 dem DFB überweist, wurde offiziell nichts bekannt. Grindel sprach am Freitag nach der Präsidiumssitzung allerdings von einer „signifikanten Steigerung der Einnahmen“, die dem Verband künftig mehr Spielraum für die vielfältigen Aufgaben geben würden.
Nach der Präsidiumssitzung am Freitag reiste der DFB-Chef Boss direkt in die Niederlande, um der Frauen-Nationalmannschaft bei der EM im Team Base Camp in Sint-Michielsgestel einen Besuch abzustatten und ihr viel Erfolg zu wünschen. „Mir war es wichtig, persönlich hierher zu kommen“, sagte Grindel. „Das ist eine Frage der Wertschätzung und des Respekts für unsere Frauen.“
Grindel sprach in Bezug auf den VW-Deal von einem „überragenden wirtschaftlichen Angebot“ und „praktisch einer Verdopplung“ der bisherigen Einnahmen. Das Übereinkommen versetzte den DFB in die Lage, wesentlich mehr Geld „in Projekte an der Basis“ zu investieren.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte im Vorfeld mit 25 bis 30 Millionen Euro pro Jahr und damit einer dreifachen Steigerung gegenüber dem Mercedes-Engagement spekuliert. Das wären für die fünfeinhalb Jahre Laufzeit 137,5 bis 165 Millionen Euro.
Der DFB-Jahresbericht 2015 hatte bei einem Gesamtertrag von 228 Millionen Euro 104,5 Millionen aus Sponsoring und sonstige Vermarktung/Dienstleistungen ausgewiesen. Davon stammten 54,8 Millionen aus „reinen Sponsoring“. Dazu kamen nochmals 62 Millionen aus Spielbetrieb und Vermarktung der Nationalmannschaft.
Das Löw-Team ist auch für VW das Wertvollste an dem Deal. Denn die TV-Bilder mit Manuel Neuer, Mesut Özil und Co. sind nicht nur zu Turnierzeiten omnipräsent. In die Zeit des neuen Generalsponsors fällt die EM 2020 in 13 europäischen Ländern und die WM 2022 in Katar. Um die Euro 2024 bewirbt sich der DFB. „Der DFB beweist mit den deutschen Nationalmannschaften Mut, Innovationskraft und den unbedingten Willen zum Erfolg. Diese Werte gelten auch für Volkswagen“, erklärte VW-Markenchef Herbert Diess.
Der Österreicher schloss an: „Wir wollen aber künftig nicht nur Partner der Nationalmannschaften sein, wir wollen an der Seite des gesamten deutschen Fußballs mit seinen 25 000 Vereinen und sieben Millionen Mitgliedern stehen.“ Auch Grindel unterstrich: „Es passt zum DFB, dass VW mit seinem Engagement den gesamten Fußball von der Spitze bis zur Basis im Blick hat.“ Das würde sich nicht zuletzt in den vielen regionalen und lokalen Partnerschaften der VW-Händler mit Amateurvereinen zeigen.
Die 1972 begonnene und 1990 zum Generalsponsoring ausgeweitete Partnerschaft mit Mercedes-Benz läuft noch bis Ende des WM-Jahres 2018. Ob der „vierte Stern“ für den WM-Gewinn 2014 in Brasilien, Bilder von Nationalspielern in schnellen Tourenwagen oder auf der Expeditionsjacht von Extremsportler Mike Horn - Mercedes und der DFB schienen untrennbar verbunden. Bundestrainer Löw ist seit 2011 Markenrepräsentant. Doch im neuen Bieterwettbewerb zählte anderes mehr als Tradition. Für den Autobauer Daimler, der im Abgasskandal immer mehr in Bedrängnis gerät, ist das eine herbe Niederlage.
Mit Traditionspartner adidas hatte der DFB die Zusammenarbeit noch bis 2022 verlängert. Jährlich sollen über 50 Millionen Euro fließen. Insgesamt gibt es vier Kategorien von DFB-Sponsoren: Generalsponsor und Generalausrüster, sechs Premium-Partner und vier offizielle Partner. Für die Frauen-Nationalmannschaft und die DFB-Schiedsrichter wurde je ein weiterer Geldgeber gewonnen. „Wenn ich bedenke, dass 70 Prozent der Sponsoren-Einnahmen in die Basisarbeit fließen, ist es wichtig, dass wir wirtschaftliche Partner haben“, bemerkte Nationalmannschafts-Manager und DFB-Präsidiumsmitglied Oliver Bierhoff.