WM-Affäre: DFB hofft auf Abschlussbericht in diesem Jahr
Frankfurt/Main (dpa) - Noch in diesem Jahr hofft die Interimsführung des Deutschen Fußball-Bundes auf einen Abschlussbericht zur WM-Affäre.
Der derzeitige DFB-Präsident Rainer Koch wollte im ZDF-Sportstudio zwar kein Datum nennen, erklärte aber: „Herr Dr. Rauball hat neulich gesagt, er hofft darauf, dass bis Weihnachten alles fertig ist. Dem möchte ich mich anschließen. Wenn es allerdings dann Anfang, Mitte Januar wird, müssen wir auch zufrieden sein.“ Schon am 17. November wollen sich in Hannover die 21 Landesverbandschefs auf ihren Kurs für einen personellen und möglicherweise strukturellen Neubeginn im Verband des Fußball-Weltmeisters einigen.
Die Untersuchungen der externen Ermittler der Frankfurter Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer würden davon abhängen, wann sich wichtige Zeugen zum Gespräch anbieten, sagte Koch. So wird der wegen eines zwielichtigen Vertragsentwurfs mit dem früheren FIFA-Spitzenfunktionär Jack Warner in die Kritik geratene Franz Beckenbauer zu einer zweiten Befragung erwartet. „Der Abschlussbericht muss umfassend sein und er muss dann auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden“, sagte Koch.
Der Präsident des bayrischen Landesverbandes sowie Ligapräsident Reinhard Rauball hatten nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach die Führung beim DFB übernommen und saßen am Freitagabend auch beim Länderspiel gegen Frankreich im Stade de France. Das Duo ist nach den Terroranschlägen von Paris am Wochenende jetzt erstmal beim Krisenmanagement rund um die Nationalmannschaft gefragt.
Dennoch richten sich die Blicke bei der Aufarbeitung des Skandals um die 6,7-Millionen-Euro-Zahlung des DFB an den Weltverband FIFA auf zwei wegweisende Sitzungen in dieser Woche. „Wichtig ist, dass im deutschen Fußball die Einheit zwischen Profis und Amateuren gewahrt bleiben wird“, sagte Koch vor dem Treffen der Landesfürsten und betonte: „Ich bin sehr sicher, dass wir am Ende der Versammlung auch eine einheitliche Position entwickelt haben werden.“
Mit diesen Vorschlägen werde man dann auf die Liga zugehen. Als favorisierter Kandidat der Basis auf die Nachfolge Niersbachs gilt der CDU-Bundestagsabgeordnete und DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel. Am Freitag steht in Frankfurt eine Präsidiumssitzung beim DFB an. Dabei geht es auch darum, ob der für Anfang November 2016 in Erfurt geplante Bundestag vorgezogen wird. Koch und Grindel hatten bereits klar geäußert, dass der DFB bis zur EM im Sommer in Frankreich komplett neu aufgestellt sein soll.
„Es ist eben nicht so, dass nur ein Kopf ausgetauscht werden darf“, sagte Koch und schloss sich damit einer Formulierung von Ligapräsident Rauball an. „Ganz im Gegenteil: Wir müssen die Kontrollmechanismen deutlich verbessern.“
Martin Kind, Präsident von Hannover 96, forderte den DFB auf, seine Strukturen der von börsennotierten Unternehmen anzupassen. Der Verband dürfe „nicht zurückfallen in alte Funktionärsstrukturen, wo Posten quasi im Hinterzimmer vergeben werden“. Zudem sagte Kind in der „Welt am Sonntag“: „Ich würde dem DFB dringend empfehlen, die Bewerbung für die Europameisterschaft 2024 auszusetzen, bis aufgeklärt ist, was vor der WM 2006 geschehen ist und vor allem, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.“
In der DFB-Affäre ermittelt nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag) inzwischen auch die Schweizer Bundesanwaltschaft. Die Behörde hatte bereits im Mai ein Strafverfahren eröffnet, um Unregelmäßigkeiten rund um die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 zu untersuchen. Später leitete sich aus diesen Ermittlungen ein Verfahren ab, in dem FIFA-Präsident Joseph Blatter als Beschuldigter und UEFA-Boss Michel Platini als sogenannte Auskunftsperson geführt sind. Die beiden Topfunktionäre sind von ihren Ämtern suspendiert.
Eine Bestätigung der Schweizer Bundesanwaltschaft, dass sie auch in Sachen DFB ermittelt, gibt es allerdings nicht. Der Verband war wegen der 6,7-Millionen-Euro-Zahlung an den Weltverband ins Zwielicht geraten. Die Verwendung des Geldes ist weiter ungeklärt. Zunächst kam die Summe vom früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus.
In Erklärungsnot steckt vor allem Franz Beckenbauer als damaliger Chef des deutschen WM-Organisationskomitees. Der „Kaiser“ hat sich bislang nicht öffentlich zu Details des Finanztransfers geäußert und steht nach dem Fund eines Vertragsentwurfs beim DFB unter Verdacht, kurz vor der WM-Vergabe einen schmutzigen Deal mit dem damaligen FIFA-Wahlmann Warner aus Trinidad und Tobago zumindest geplant zu haben. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den DFB wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.