WM-Planung: Löw vor kompliziertem Brasilien-Puzzle
Köln (dpa) - Copacabana, Caipirinha, Capoeira: Die Verlockungen Brasiliens konnten Joachim Löw bei seiner ersten Reise ins WM-Land nicht blenden. Als Besucher des Confederations-Cups erkannte der Bundestrainer sofort, dass ihn 2014 am Zuckerhut die schwierigste Titelmission seiner Amtszeit erwartet.
„Die Uhren ticken anders als in Europa. Das Klima ist sehr belastend, die Flugreisen sind extrem. Die Spieltage und die Anreise am Tag vorher werden eine Wahnsinnsbelastung für die Spieler sein. Das stellt uns vor die größten Herausforderungen der letzten zehn Jahre“, warnte Löw.
Die Konsequenzen sind für den Bundestrainer klar. Mit dem WM-Ticket in der Tasche müssen die Vorbereitungen auf den Sommer 2014 umgehend intensiviert werden. Planungsfehler könnten sogar den ersehnten Titelgewinn gefährden. Wichtiger als je zuvor ist für den Bundestrainer ein gutes Hauptquartier. „Wir haben uns einige Dinge angeschaut. Jetzt gilt es, das in aller Ruhe zu analysieren und dann die richtige Entscheidung zu treffen“, sagte Löw schon im Juni.
Deshalb rückte der DFB-Chefcoach von seiner Frühbucher-Mentalität ab. Stattdessen sind bis zur Auslosung am 6. Dezember in Costa do Sauípe zwei Hotelkomplexe vom DFB reserviert. Je nach klimatischen Bedingungen der drei Vorrunden-Spielorte könnte dann im sommerlich heißen Norden bei Salvador oder im klimatisch gemäßigten Zentrum im Großraum der Megametropole Sao Paulo Quartier bezogen werden.
Bauchschmerzen bereitet Löw auch die sportliche Vorbereitung. Im WM-Jahr vor der Kader-Benennung nur ein Testländerspiel am 5. März gegen Chile in Stuttgart bestreiten zu können, wurmt ihn. „Für mich ist es grausam, dass man nur ein Spiel hat in einem halben Jahr. Das ist eine wahnsinnig lange Zeit. Da muss man den Kontakt auf andere Art und Weise hoch halten, Besuche, mehr Telefonate. Dann geht es in der Vorbereitung wieder richtig los, volle Konzentration“, sagte er.
Vielleicht auch deshalb plant Löw wie schon vor der WM 2010 in Südafrika wieder mit drei Testländerspielen in der unmittelbaren Vorbereitung. Nach dpa-Informationen sind zwei Partien in Deutschland - darunter ein Benefizspiel - geplant. Die WM-Generalprobe soll dann schon in Übersee erfolgen. Einzelheiten werden auch hier frühestens nach der Endrunden-Auslosung festgelegt. Die Testgegner hängen von den Gruppenkontrahenten ab. Vor den EM-Turnieren 2008 und 2012 hatte die Löw-Auswahl jeweils nur zwei Testpartien in der unmittelbaren Vorbereitung absolviert.
Die heiße Vorbereitungsphase auf die WM (12. Juni - 13. Juli) beginnt für Philipp Lahm und Co. wohl erst kurz nach dem DFB-Pokalfinale (17. Mai). Für das erste Trainingslager ist derzeit eine Alpenregion außerhalb Deutschlands erste Option. Wegen der klimatisch und logistisch schwierigen Bedingungen in Brasilien wird der DFB-Tross früher als bei anderen Turnieren Richtung Südamerika aufbrechen. Wann genau, hängt auch davon ab, in welche Gruppe der dreifache Weltmeister gelost wird, was wiederum den eigenen Turnierstart vom 13. bis zum 17. Juni verzögern kann.
Klar ist für Löw der Fahrplan für die kommenden Monate nach der geglückten Qualifikation. Nach dem Abschluss in der WM-Qualifikation am Dienstag in Stockholm gegen Schweden sind am 15. und 19. November Härtetests gegen Italien und England vereinbart. Allerdings müssen die Engländer erst noch ihr Direktticket am Dienstag gegen Polen buchen, sonst müssten sie zu diesem Termin in die Relegation.
Für die Länderspiel-Klassiker kündigte Löw schon jetzt Personalexperimente an. „Normalerweise freut man sich darauf, obwohl es kein Ernstkampf ist. Es kann durchaus sein, dass ich mal was teste, obwohl es gegen so starke Nationen geht“, sagte der Bundestrainer. Im Januar des kommenden Jahres zieht er seine WM-Kandidaten zu einem Kurzlehrgang mit Marketingterminen zusammen.
Im Februar lädt die FIFA die 32 WM-Trainer zu einem Drei-Tage-Workshop ins WM-Land ein. Nach den Massendemonstrationen beim Confed-Cup sollen die Delegationen neben logistischen Herausforderungen auch über Sicherheitsaspekte sprechen. Auch dann wird Löw also wohl kaum Zeit für Copacabana, Caipirinha und Capoeira haben.