Bei Portugal-Marokko Blatter im Stadion - „Noch immer“ Präsident

Moskau (dpa) - Nach seinem brisanten Tribünenbesuch bei der WM zog es Joseph Blatter schnell wieder in sein Moskauer Luxushotel St. Regis zurück.

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An der Seite seiner Partnerin Linda Barras kam der Ex-Präsident der FIFA aus dem Moskauer Luschniki-Stadion, wo er auf Einladung von Kremlchef Wladimir Putin den 1:0-Sieg von Portugal und Cristiano Ronaldo gegen Marokko verfolgt hatte. Aber was heißt schon Ex? „Ich bin noch immer Präsident, aber eben suspendiert“, behauptete der noch bis 2021 gesperrte Blatter vor der Partie beim russischen Sender RT.

Bei der Vorrundenpartie saß der 82 Jahre alte Schweizer statt in der Präsidentenloge auf der Tribüne für Business-Gäste, bestätigte Blatters Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Im Fernsehbild war der inzwischen gesperrte ehemalige Chef des Fußball-Weltverbands allerdings wohlweislich nicht zu sehen. Auch Gianni Infantino, Blatters Nachfolger als Weltverbands-Chef, war laut offizieller FIFA-Gästeliste in der Arena. Ob es auf den teuren Plätzen zu einem Wiedersehen kam, blieb jedoch zunächst im Geheimen.

Er sehe die WM in Russland auch ein bisschen als seine Weltmeisterschaft an, sagte Blatter. Bei der Vergabe vor acht Jahren war er noch im Amt, damals standen er und Putin Seite an Seite. Ein Treffen von Putin mit Blatter schloss der Kreml für dessen Zeit in Russland nun nicht ausdrücklich aus. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte aber der Agentur Tass zufolge am Mittwoch, Blatter sei zu einem privaten Besuch in Russland. Ein offizielles Treffen sei daher nicht vorgesehen, sämtliche mögliche Begegnungen Blatters hätten ausschließlich privaten Charakter.

Blatter ist derzeit für sechs Jahre von allen Fußball-Aktivitäten gesperrt. Der Besuch eines WM-Spiels ist ihm damit allerdings nach derzeitiger Auslegung der FIFA-Statuten nicht untersagt. Der langjährige FIFA-Chef war am Dienstagabend in Moskau angekommen, am Freitag will er dann in St. Petersburg das Duell von Rekordweltmeister Brasilien mit Costa Rica verfolgen.

Eine Meinung zur großen Fußballpolitik besitzt Blatter immer noch - kurz nach seiner Ankunft sprach er sich für eine WM-Kandidatur Englands gemeinsam mit anderen Verbänden aus dem Vereinigten Königreich aus. „Eines Tages sollte die Weltmeisterschaft zurück nach England, definitiv. Aber sie werden nicht alleine sein“, sagte er der Nachrichtenagentur AP am Dienstag. Gemeinsam gebe es „eine bessere Chance“.

Nach der Vergabe der WM 2026 an die USA, Mexiko und Kanada hat der englische Verband eine Kandidatur um das Turnier vier Jahre später noch nicht offiziell verkündet, vorher soll noch eine Machbarkeitsstudie folgen. Auch eine gemeinsame Bewerbung mit Schottland und Wales um die zweite WM mit 48 Teilnehmern ist eine Option. „Was ist aber mit Nordirland?“, fragte Blatter. Das Land besitzt aber bislang nicht mal ein Stadion mit ausreichender Kapazität. Im russischen Fernsehen sagte Blatter übrigens, dass er hoffe, eine der nächsten Weltmeisterschaften werde in Südamerika stattfinden.