Spiel gegen Mexiko DFB-Auftakt-Spezialisten beruhigen die Nation

Watutinki (dpa) - Keine Panik, bitte. Die Anspannung steigt im von der Außenwelt abgeschirmten Teamquartier der Fußball-Nationalmannschaft in Watutinki und auch rund 2000 Kilometer davon entfernt in Deutschland.

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Während Bundestrainer Joachim Löw drei Tage vor dem WM-Auftakt seine 23 Spieler nochmals mit einem intensiven Training körperlich forderte, wird in der Heimat an der Titel-Tauglichkeit des Teams gezweifelt.

Die Weltmeister von 2014 halten dagegen. „Wir sind uns schon bewusst, dass wir eine Schippe drauflegen müssen“, erklärte Toni Kroos. Mit Blick auf das erste Gruppenspiel am 17. Juni gegen Mexiko beruhigte der Mittelfeldchef aber zugleich die Nation: „Wir haben es oft genug bewiesen, dass wir dann da sind.“

Die Spieler vertrauen auch in Russland ihrer eigenen Erfahrung und den besonderen Fähigkeiten des Bundestrainers. Der 58 Jahre alte Löw hat es bislang bei jedem Turnier hinbekommen, dass seine Mannschaft auf den Punkt bereit war. Seit der EM 2008, Löws erstem Turnier als Chefcoach, gewann Deutschland alle fünf Auftaktspiele bei Europa- und Weltmeisterschaften. Und auch bei den Toren ist die Startbilanz unter Löw mit 13:0 makellos. Überhaupt sind die ersten Turnier-Begegnungen eine deutsche Domäne: Nur ein einziges Mal wurde ein WM-Auftaktspiel verloren - vor 36 Jahren in Spanien mit 1:2 gegen Algerien.

„Freundschaftsspiele sind etwas anderes als WM-Spiele. Es ist ganz wichtig, gerade das erste Spiel zu gewinnen. Darauf liegt unser Fokus“, sagte Jérôme Boateng. Er versprach für die Partie gegen die unbequemen Mexikaner: „Wir werden hochmotiviert reingehen.“ Gier und Feuer würden im Team wieder größer sein als noch in den schwachen Testspielen gegen Österreich (1:2) und Saudi-Arabien (2:1). „Dazu gehört auch, dass es mal im Training knallt“, sagte der 29-Jährige, den die von Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge ausgelöste Debatte um seine sportliche Zukunft kurz vor dem Turnierstart ärgert.

Löw hat im Basiscamp des viermaligen WM-Champions 20 Kilometer vor den Toren Moskaus inzwischen „alles ausgerichtet auf Sonntag“. Für die 20 Feldspieler standen auf dem ZSKA-Trainingsgelände Sprint- und Tempoübungen auf dem Programm. Thomas Müller und Kollegen schleiften in Höchstgeschwindigkeit Gewichtssäcke hinter sich her.

In der Testphase hatte noch die Dynamik gefehlt. „Das ist nicht völlig ungewöhnlich“, bemerkte Löw: „Wir haben in den Testspielen Fehler aufgezeigt bekommen. Aber wir sind in der Lage, das zu korrigieren.“ Vor seinem sechsten großen Turnier als Chefcoach weiß er natürlich, wie wichtig ein Auftakterfolg für die interne Stimmung und den weiteren Verlauf eines Championats sein kann.

Auch vor dem Start ins triumphale WM-Turnier 2014 in Brasilien war die Stimmung nicht bestens: Nach einem mauen 2:2 gegen Kamerun waren - wie auch jetzt - Zweifel aufgekommen. Diese wurden durch ein beeindruckendes 4:0 in Salvador gegen Portugal mit Cristiano Ronaldo krachend beseitigt. Sieben Akteure aus Löws damaliger Startelf sollen auch gegen Mexiko wieder von Beginn an ran. „Das garantiert nicht, dass es wieder so wird“, bemerkte Kroos. Aber es sei „gut für den Kopf“, gleich gegen einen starken Kontrahenten zu starten.

Löw will noch in Taktiksitzungen sein Personal auf die erste Aufgabe einstimmen. „Wir wissen, dass Mexiko ein Gegner ist, der sehr gerne nach vorne verteidigt“, berichtete er. Von der praktischen Vorbereitung am Donnerstag durften die Medienvertreter nur 15 Minuten beobachten. Da war zu sehen, dass Sami Khedira und Julian Draxler nach kleinen Beschwerden wieder voll belastbar sind. Löw ist „sehr optimistisch“, dass alle Akteure bis zur ersten WM-Minute im 81 000 Fans fassenden Luschniki-Stadion hundert Prozent fit sind.

Seine Startformation hat der Bundestrainer bereits im Kopf. Vor Manuel Neuer sollen Joshua Kimmich, Boateng, Mats Hummels und Jonas Hector die zuletzt fehlende Defensivstabilität sichern. Im zentralen Mittelfeld sind Kroos und Sami Khedira gesetzt. Offensiv sollen Thomas Müller, Mesut Özil und Timo Werner Akzente setzen. Die einzig offene Frage scheint, ob Marco Reus die bisherige Stammkraft Julian Draxler schon gegen Mexiko ablösen kann oder später ins Spiel kommt.

„Die Eindrücke in dieser Woche sind schon noch wichtig: Wer ist bereit, von Anfang an zu spielen? Wer kann möglicherweise später kommen?“, sagte Löw, der keine ablenkenden Gedanken zulässt. Auch die abgeschiedene und für Topprofis eher einfache Herberge in Watutinki tauge nicht als Ausrede, unterstrich Champions-League-Sieger Kroos: „Entscheidend sind der absolute Wille und das Selbstvertrauen.“