Die Elf und die „Spezialkräfte“

Wie Bundestrainer Joachim Löw gegen Portugal gewinnen will und welche Trümpfe er noch auf der Bank hat.

Santo André. Am Montag Abend geht für die deutschen Nationalspieler die WM mit dem Spiel gegen Portugal richtig los. Zeit für einen Kader-Check.

Manuel Neuer Die Schulter der Nation, eine medizinische Staatsangelegenheit. Stand Montag: Der 28-Jährige ist einsatzbereit und zumindest Löw hat keinen Zweifel an seiner Fitness.

Jérôme Boateng Ob es dem gebürtigen Berliner nun passt oder nicht — sein Platz liegt bei dieser WM auf der rechten Abwehrseite. Vor vier Jahren hatte er noch links ran gemusst — dabei verteidigt der 25-Jährige doch am allerliebsten im Zentrum. Sorgen machen muss man sich deswegen nicht.

Per Mertesacker Bei der EM 2012 fast schon aussortiert, ist der 1,98-Meter-Hüne nun wieder unumstrittener Chef der DFB-Abwehr. Zwar nicht unbedingt kreativ, aber doch grundsolide verrichtet er seine Arbeit. Wer es als Deutscher schafft, der Liebling vieler Engländer zu werden, der muss tatsächlich stark sein.

Mats Hummels In Sachen Spieleröffnung gibt es wohl keinen besseren DFB-Innenverteidiger. Der 25 Jahre alte Dortmunder hat es definitiv drauf, nicht nur bei Shampoo-Werbung eine gute Figur zu machen.

Benedikt Höwedes Siehe da, im letzten Testspiel gegen Armenien befand sich der Schalker plötzlich in der Startelf. Ein Fingerzeig, dass er nun auch in Brasilien regelmäßig zum Einsatz kommt? Ja. Denn in Mainz machte der 26-Jährige seine Sache auf Links gut, schoss sogar ein Tor.

Toni Kroos Er kämpft permanent um Anerkennung. Zu Recht oder zu Unrecht? Fakt jedenfalls ist, dass Kroos nur selten die ganz spektakulären Dinge tut, obwohl er sie vielleicht könnte. Die wichtigen erledigt er zuverlässig.

Philipp Lahm Der Kapitän kann überall spielen. Nun gut, als Torwart vielleicht nicht. Sein Zweikampfverhalten: sensationell. Seine Laufbereitschaft: unglaublich hoch. Seine Fehlerquote: praktisch Null. Er soll Ronaldo im defensiven Mittelfeld attackieren, Boateng soll den Portugiesen ablaufen — wenn er denn an Lahm (30) vorbeikommt.

Sami Khedira Im Vollbesitz seiner Kräfte zählt er zum Stärksten, was international auf der Sechserposition zu finden ist. Aber nach seinem Kreuzbandriss, erlitten am 15. November in Mailand, fehlt ihm aktuell noch ein bisschen die Wettkampfpraxis. Wird er trotzdem zu dem Leader auf dem Platz, den die eher ruhige DFB-Truppe unbedingt benötigt?

Thomas Müller Mit dem Begriff der „falschen Neun“ kann der 25-Jährige überhaupt nichts anfangen. Aber welche Position spielt der Vorzeigebayer nun? Genau darüber zerbrechen sich die jeweiligen Gegner schon seit Jahren den Kopf — weil Müller einfach in keine Schublade passt und so unorthodox seine Arbeit macht.

Mesut Özil Von wegen Mittelfeldregisseur der absoluten Weltklasse. Der 26-Jährige schien zuletzt außer Form und ohne Selbstvertrauen über den Platz zu schleichen. Trotzdem spielt er am Montag von Anfang an — und er wird ein anderer sein als zuletzt bei den Tests in Deutschland.

André Schürrle Der Edeljoker ist keiner mehr. Zwölf seiner bislang 33 Länderspiele durfte Schürrle von Beginn an bestreiten, am Montag kommt eines dazu. Seine Tempofestigkeit und seine Abschlussqualität rücken den Mann vom FC Chelsea nach dem Reus-Ausfall in die erste Elf.

Lukas Podolski Der Bundestrainer hat seine Einwechselspieler zu „Spezialkräften“ befördert. Auf Podolski trifft das tatsächlich zu. Der Grinse-Guru des Teams kann die ideale Waffe sein, wenn die DFB-Elf den Druck auf den Gegner erhöhen will oder muss. „Poldi“ macht Dampf.

Mario Götze In Sachen Eleganz, Kreativität und technischer Versiertheit braucht sich der 22-Jährige vor niemandem zu verstecken. Der Dribbler könnte die Lösung sein, wenn die portugiesischen Abwehrklötze Pepe und Alves müde werden.

Bastian Schweinsteiger „Helikopterflug in die Klinik“ — Schlagzeilen, die am Sonntag in der Heimat Sorgenfalten in die Gesichter der Fans trieben, entpuppten sich als Schaumschlägerei: Eine Routineuntersuchung war es, von der Fifa angeordnet. Der 29-Jährige ist fit, bekommt aber nur eine Reservisten- beziehungsweise Spezialkraft-Rolle. Ihn könnte Löw bringen, wenn Souveränität und Coolness gefragt sind.

Miroslav Klose 36 Jahre ist er alt und alleiniger Rekordhalter in Sachen deutsche Länderspieltore. Er wird Löws Joker sein und immer dann eingesetzt werden, wenn schnell ein Tor fallen muss.

Roman Weidenfeller Seine Chancen auf einen WM-Einsatz dürften sich traditionell auf ein mögliches Spiel um Platz drei beschränken. Wenn Neuers Schulter hält.

Kevin Großkreutz Erst Döner-, dann Pinkelaffäre. Wäre er nicht ausgerechnet ein Außenverteidiger, der auf beiden Seiten einsetzbar ist — wäre er jetzt wohl zu Hause.

Erik Durm Nach nur 19 Bundesligapartien in den WM-Kader — das nennt man einen sensationellen Aufstieg. Er ist aktuell der Einzige im Kader, der im Verein regelmäßig als Linksverteidiger gekickt hat.

Ron-Robert Zieler Gehen wir in der WM-Geschichte zurück: Wann ist ein dritter Torhüter schon mal zum Einsatz gekommen? Richtig. Nie.

Shkodran Mustafi Erster-Klasse-Flug hin und zurück, beste Sitzplätze in den Stadien — er hätte es schlechter erwischen können.

Christoph Kramer Der Mönchengladbacher gilt als der VW Käfer des Teams — er läuft und läuft und läuft. Aber an Khedira, Lahm, Schweinsteiger und Kroos kommt er kaum vorbei.

Matthias Ginter Er hat Mertesacker, Hummels, Boateng und Höwedes vor sich, wird aber seine Chance bekommen — bei der nächsten WM.

Julian Draxler Der 20-Jährige ist im hochkarätigen Mittelfeld auch nur der Notnagel.