Finkes Kamerun-Mission vorbei: Abschied mit Anstand?
Salvador (dpa) - Die Vorsätze waren groß, die Umsetzung scheiterte kläglich. Volker Finke wollte als Trainer von Kamerun mit der Mannschaft „auf jeden Fall besser abschneiden“ als das Team bei der WM vor vier Jahren in Südafrika.
Seinerzeit hatten sich die Afrikaner auf dem eigenen Kontinent mit dem französischen Coach Paul Le Guen mit drei Niederlagen gegen Japan, Dänemark und die Niederlande nach der Vorrunde verabschiedet. Nun droht den „Unbezähmbaren Löwen“ nach der schon verspielten Achtelfinal-Qualifikation ein ebenso desolates Abschneiden wie 2010, als man zumindest zwei Tore erzielte. „Unglücklicherweise haben wir keinen Druck“, sagte Finke am Abend vor der Partie. „Wir wollen erhobenen Hauptes gehen.“
Dass Kamerun ausgerechnet im letzten Gruppenspiel gegen Gastgeber und Turnierfavorit Brasilien am Montag ein Sieg gelingt, ist wohl genauso unwahrscheinlich wie Schneefall in der Hauptstadt am Spieltag. Im Grunde geht es für das Team um die beiden frustrierten Bundesliga-Profis Joel Matip und Eric Maxim Choupo-Moting nur noch darum, sich mit Würde und Anstand aus Brasilien zu verabschieden und den chaotischen Eindruck der Partie gegen Kroatien vor aller Welt ein wenig zu korrigieren.
Zum umrühmlichen Höhepunkt waren Finkes Spieler in der Nachspielzeit des 0:4 sogar aufeinander losgegangen. Linksverteidiger Benoit Assou-Ekotto setzte zur Kopfnuss gegen Mitspieler Benjamin Moukandjo an, ehe er noch zurückzog. Stürmer Pierre Webo musste die Streithähne trennen, um Schlimmeres zu verhindern. Finke war entsetzt über das Verhalten. Zu möglichen Strafen sagte der Trainer: „Was besprochen wurde, geht nur mich und dem Team etwas an. Es nicht mein Job, der Verband entscheidet.“ Zuvor hatte er das Verhalten als „Schande“ bezeichnet.
Kameruns Fußball-Verband Fecafoot stellte sich hinter den Trainer und verurteilte das Betragen der Spieler öffentlich auf seiner Homepage: „Fecafoot ist gegen Gewalt abseits und auf dem Spielfeld. Die Gewalt während der Partie gegen Kroatien stimmt nicht überein mit den Werten des Fairplay und Respekts, für das Verband, Trainer- und Betreuerteam sowie die Nationalmannschaft stehen.“
Immerhin sah der zuletzt an die Queens Park Rangers verliehene Linksverteidiger von Tottenham Hotspur sein Fehlverhalten inzwischen ein. Er habe sich bei Moukandjo entschuldigt. „Wir haben uns am nächsten Tag beim Frühstück die Hände gegeben“, sagte Assou-Ekotto der französischen Sportzeitung „L'Equipe“.
Laut Assou-Ekotto nahm die Konfrontation mit Moukandjo beim 0:1 gegen Mexiko zum WM-Auftakt ihren Anfang. „Er wollte auf meiner Seite zwei Gegenspieler umdribbeln und verlor den Ball. Ich habe ihm gesagt, er soll mich doch anspielen. Und er meinte, ich hätte recht. Dann passierte gegen Kroatien aber wieder genau dasselbe“, schilderte der Abwehrspieler. „Jeder kann mal einen Fehler machen. Aber er sagte nur zu mir, hau ab!“
Das habe er nicht akzeptieren können und aus Frust und Emotion überreagiert, erklärte Assou-Ekotto weiter. „Bei 0:0 wäre das sicher nicht passiert. Aber jetzt halten mich die Leute für einen Idioten“, klagte er. Als ihn Samuel Eto'o direkt nach der Partie ansprach, habe er seinen Fehler noch nicht eingesehen. „Ich war so total sauer. Aber solche Dinge passieren, wenn es in einer Mannschaft nicht richtig funktioniert.“ Er bedauert den Vorfall, vor allem weil er ein schlechtes Vorbild abgab. „Ich habe nicht daran gedacht, dass Millionen Menschen am Fernsehen zuschauen, auch viele Kinder. Aber ich bin auch nur ein Mensch und habe Gefühle.“
Ob Finke, der dem Team gegen Brasilien „ein anderes Gesicht“ geben will, den „Sünder“ erneut aufstellt, ist unklar. Er sei nicht aus dem Team ausgeschlossen worden, berichtete Assou-Ekotto. Sicher scheint, dass Eto'os großartige Nationalmannschaftskarriere ohne weiteren WM-Einsatz endet. Der 33-Jährige wird von Knieproblemen geplagt. Doch auch ohne ihren Leitwolf will sich Kamerun gegen Brasilien zumindest anständig präsentieren.