Frankreich geschockt: Ribéry fällt für die WM aus

Paris (dpa) - Aus und vorbei! Der WM-Traum von Franck Ribéry ist geplatzt und hat die französische Fußball-Nationalmannschaft in ein Dilemma gestürzt. Der Mittelfeldstar und Anführer der „Equipe tricolore“ muss wegen seiner anhaltenden Rückenprobleme für die Endrunde in Brasilien passen.

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„Mir bricht das Herz“, ließ der 31-Jährige vor Verlassen des Trainingslagers in Clairefontaine bei Paris wissen. Er verlasse seine Kameraden „schweren Herzens“, der Verzicht auf die WM sei wegen der chronischen Lendenschmerzen aber „unvermeidlich“ gewesen, versicherte Ribéry auf der Homepage des FFF-Verbandes.

Die für Frankreichs Fußball-Fans schockierende Nachricht teilte Nationaltrainer Didier Deschamps mit bedrückter Miene auf einer Pressekonferenz im Trainingslager in Clairefontaine bei Paris mit. „Das ist ein schwieriger Moment für die Gruppe, ein trauriger Tag, aber wir müssen da durch“, sagte Deschamps. Ribéry, der das Training abgebrochen hatte und zu weiteren Untersuchungen nach Rambouillet ins Krankenhaus gebracht wurde, wird bei der WM durch Remy Cabella vom SC Montpellier ersetzt. „Traurig für mich und das Team von Frankreich“, sagte Ribéry zu „Sport Bild Online“. Doch damit nicht genug für WM-Titelanwärter Frankreich: Neben dem Bayern-Star fällt in Clement Grenier ein weiterer Spieler wegen einer Oberschenkelverletzung aus. Der Mittelfeldakteur von Olympique Lyon wird durch Morgan Schneiderlin (FC Southampton) ersetzt.

Doch der Ausfall des Supertechnikers stellt alles in den Schatten. Für Ribéry ist es der Tiefpunkt eines bislang enttäuschenden Jahres 2014. Im Januar war er bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres übergangen worden und musste die Auszeichnung als Dritter dem portugiesischen Star Cristiano Ronaldo überlassen, obwohl er in der vergangenen Saison mit dem FC Bayern alles gewann, was es zu gewinnen gibt.

In der Rückrunde folgten weitere gesundheitliche Rückschläge, wie die Gesäß-OP, die ihn zu einer mehrwöchigen Pause zwang. Auch sportlich lief es nicht mehr rund. Die Münchner holten zwar noch das Double, schieden aber in der Champions League im Halbfinale gegen Real Madrid aus. Dazu beeinträchtigten den Franzosen schon in der Saison-Schlussphase die Rückenbeschwerden.

Der 31-Jährige hatte letztmals im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund vor gut drei Wochen (2:0) gespielt. Aber schon da hatte er wegen seiner Beschwerden zunächst auf der Bank gesessen, war dann aber für Philipp Lahm ein- und später wieder ausgewechselt worden. In den ersten beiden WM-Testspielen der Franzosen gegen Norwegen (4:0) und Paraguay (1:1) war er schon nicht mehr dabei. In den vergangenen Tagen hatte die medizinische Abteilung der Franzosen versucht, Ribéry wieder fit zu bekommen - vergeblich.

Der Ausfall Ribérys ist für die Franzosen ein schwerer Schlag. Der Bayern-Star gilt als Kopf des Weltmeisters von 1998, zumal er sich inzwischen auch im Trikot der Nationalelf zum Leistungsträger entwickelt hat. „Wir müssen zuversichtlich bleiben. Mit einem zu 100 Prozent leistungsfähigen Ribéry sind wir ein besseres Team, aber wir werden versuchen, es auch ohne ihn zu schaffen“, sagte Deschamps neun Tage vor dem WM-Auftakt gegen Honduras, und Yohan Cabaye ergänzte: „Er wird uns fehlen. Auch seine Lebenslust und sein Humor. Aber wir müssen den Ehrgeiz beibehalten und an unseren Zielen festhalten, so, als wäre er noch bei uns.“

Auch sein Freund Lukas Podolski, mit dem er einst bei den Bayern gespielt hatte, zeigte sich betroffen. „Welch ein Jammer. Ein großer Spieler kann nicht an der WM teilnehmen. Alles Gute Franck“, schrieb Podolski auf Twitter.

Damit verpasst Ribéry seine wohl letzte WM-Chance. Der Mittelfeldspieler hatte angekündigt, dass er in Brasilien zum dritten und letzten Mal bei einer WM teilnehmen wolle. Viel Glück hatte der Mann aus Boulogne-sur-Mer bei großen internationalen Turnieren ohnehin nicht wirklich - mal abgesehen von seinem guten WM-Auftritt 2006 in Deutschland, als er mit Frankreich Vize-Weltmeister wurde. Bei der Euro zwei Jahre später verletzte sich Ribéry allerdings schwer, sein Team schied schon nach der Vorrunde aus.

2010 folgte die Fiasko-WM in Südafrika, bei der Ribéry inmitten vieler Querelen daheim unter anderem für den berüchtigten Trainingsstreik von Knysna mitverantwortlich gemacht und anschließend verbandsintern gesperrt wurde. Bei der Euro 2012 konnten weder Ribéry noch das Team trotz akzeptabler Leistungen und einem Viertelfinal-Aus gegen den späteren Champion Spanien Wiedergutmachung betreiben.

Ein Überblick der dpa zu den prominentesten Ausfällen:

Benteke, Christian (Belgien): Der Angreifer des Premier-League-Clubs Aston Villa erlitt im April einen Riss der Achillessehne und muss mindestens sechs Monate pausieren.

Falcao, Radamel (Kolmbien): Für den 60-Millionen-Mann des AS Monaco reichte die Zeit nicht mehr, um nach einem im Januar erlittenen Kreuzbandriss rechtzeitig fit zu werden.

Gündogan, Ilkay (Deutschland): Wegen einer Entzündung an einer Nervenwurzel im Lendenwirbelbereich fiel der Deutsch-Türke fast die gesamte Saison aus.

Kranjcar, Niko (Kroatien): Eine Oberschenkelverletzung zwingt den erfahrenen Mittelfeldspieler der Queens Park Rangers beim WM-Turnier zum Zuschauen.

Montes, Luis (Mexiko): Bei einem Zusammenstoß mit Ecuadors Segundo Castillo beim Testspiel am Samstag (3:1) trug Montes einen Schien- und Wadenbeinbruch davon.

Montolivo, Riccardo (Italien): Der Deutsch-Italiener erlitt am vergangenen Samstag im Testspiel gegen Irland einen Schienbeinbruch.

Ribéry, Franck (Frankreich): Der Mittelfeldstar des FC Bayern München muss wegen seiner anhaltenden Rückenbeschwerden passen.

Schirokow, Roman (Russland): Wegen Achillessehnenbeschwerden verpasste der Kapitän alle drei Vorbereitungsspiele. In der nächsten Woche muss er sich einer Operation unterziehen.

Strootman, Kevin (Niederlande): Der Mittelfeldmotor von AS Rom riss sich bereits im März die Kreuzbänder und befindet in der Reha.

Thiago (Spanien): Zwei Innenbandrisse im Endspurt der Bundesliga-Saison kosteten dem Mittelfeldspieler des FC Bayern München die erstmalige WM-Teilnahme.

Van der Vaart, Rafael (Niederlande): Eine Wadenverletzung bedeute für den Kapitän des Hamburger SV das WM-Aus.

Valdes, Victor (Spanien): Der Schlussmann des FC Barcelona zog sich im März beim Ligaspiel gegen Celta Vigo einen Kreuzbandriss zu.

Walcott, Theo (England): Auch beim Offensivakteur des FC Arsenal verhinderte ein Kreuzbandriss - zugezogen im Januar beim FA-Cup-Spiel gegen Tottenham Hotspur - die Endrunden-Teilnahme.