WM-Finale Kroatiens „Krieger“ fordern Frankreich

Moskau (dpa) - Grande Nation oder kleines Kroatien - im Spiel ihres Lebens wollen Frankreich und der Überraschungsfinalist vom Balkan ihr russisches Sommermärchen krönen.

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Aber nur einer kann am Sonntagabend im Moskauer Luschniki-Stadion die Nachfolge des entthronten Titelverteidigers Deutschland antreten und sich in den Party-Marathon stürzen. „Es ist mir völlig egal wie: Ich will diesen Stern!“, sagt Frankreichs Antoine Griezmann vor dem Finale der Fußball-WM mit einem Milliarden-Publikum vor den Fernsehern. „Wir lassen es nicht zu, dass eine andere Mannschaft den Pokal mitnimmt“, betont Paul Pogba. Kroatiens Kapitän Luka Modric kontert: „Ein Finale spielt man, um es zu gewinnen. Wir werden 22 Krieger sein.“

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Denn Kroatien hat in seinem ersten Endspiel überhaupt die einmalige Chance auf eine Revanche de luxe: 1998 beendete die Équipe tricolore den WM-Traum der „Generation Suker“ im Halbfinale der Weltmeisterschaft in Frankreich durch einen 2:1-Sieg. 20 Jahre und sieben Tage später können und wollen die Kroaten nun die Sehnsucht der Franzosen auf den zweiten WM-Triumph nach 1998 zunichte machen. „Jeder erinnert sich in Kroatien an dieses Spiel“, sagt Trainer Zlatko Dalic. „Vielleicht hat uns der liebe Gott ja die Möglichkeit gegeben, dieses Ergebnis zurechtzurücken.“

„Gäbe es ein Stadion für 4,5 Millionen Menschen - es wäre voll“, sagte der kroatische Mittelfeldspieler und frühere Schalker Ivan Rakitic mit Blick auf die Euphorie in der Heimat. Der Star des FC Barcelona ist völlig hingerissen vom Zuspruch aus aller Welt und überzeugt: „Hunderte von Millionen sind für uns am Sonntag.“

Es ist nicht das Finale, das viele vor der WM erwartet hatten, auch wenn Frankreich zum Anwärterkreis gerechnet werden musste. Die ganz hoch gehandelten Nationen fielen tief bei dieser sportlich teilweise verrückten WM in Russland: Titelverteidiger Deutschland raus nach der Gruppenphase. Europameister Portugal raus im Achtelfinale, am gleichen Tag scheiterte auch Vizeweltmeister Argentinien - gegen Frankreich. Rekordweltmeister Brasilien raus im Viertelfinale. Das wieder erstarkte Fußball-Mutterland England - raus im Halbfinale gegen die Kroaten, ebenso wie Geheimfavorit Belgien gegen Frankreich.

Eines eint die ungleichen Finalisten: Sie haben viele Stars, aber der Superstar ist die Mannschaft. Herausragende individuelle Klasse unter anderem bei Spielern wie Griezmann, Pogba, Kylian Mbappé auf der einen und Modric, Mario Mandzukic, Ivan Perisic auf der anderen Seite - gepaart mit taktischer Disziplin, auch wenn die Trainer ebenfalls kaum unterschiedlicher sein könnten.

Didier Deschamps, 49 Jahre alter Weltmeister-Kapitän von 1998, Europameister-Kapitän von 2000, zweimaliger Champions-League-Sieger als Spieler. Ehemaliger Trainer des Jahres in Frankreich, weltweit geachtet. Er kann beim Titeltriumph mit Franz Beckenbauer und dem Brasilianer Mario Zagallo gleichziehen - den einzigen, die als Spieler und Trainer die WM-Trophäe eroberten.

Den EM-Titel als Trainer im eigenen Land verpasste Deschamps durch eine Final-Niederlage gegen Portugal nach Verlängerung vor zwei Jahren. Aus den Fehlern von damals lernte die Mannschaft. Nach dem Sieg gegen Weltmeister Deutschland im Halbfinale sei man zu euphorisch gewesen, betont Frankreichs 31 Jahre alter Mittelfeldantreiber Blaise Mauidi. Dass seine Spieler diesmal nicht wieder zu früh abheben, dafür sorgt auch Kontroll-Coach Deschamps.

Sein Pendant Dalic war bis zur WM ein Nobody als Spieler und Trainer. Die WM 1998 erlebte er als Fan teilweise vor Ort. Den bitteren Geschmack der damaligen Enttäuschung spürt er noch heute. Den Einzug ins Finale gegen die Franzosen genoss der 51-Jährige dann auch im Kroatien-Trikot auf der Pressekonferenz nach dem 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen England. „Es ist eine einzigartige Gelegenheit, ein Finale bei einer WM zu spielen. Wir wären nach Uruguay das kleinste Land, das jemals Weltmeister wurde. Lasst uns das Wunder fortsetzen, so lange es geht.“

Eine Reise mit dem Wunschziel jedes Fußballers. „Die Worte, um die Gefühle zu beschreiben, gibt es nicht“, sagte Ivan Rakitic: „Dafür muss man im Duden richtig lange suchen - oder etwas Neues erfinden. Für uns alle in Kroatien ist dieses Finale eine Riesen-Geschichte.“

Für Rakitic, für Modric, für alle in den rot-weißen Karos wird es das allergrößte Spiel ihrer bisherigen Karrieren. Genauso wie für alle Franzosen. „Das ist ein Kindheitstraum, der nun wahr wird. Wir sind so nah dran, ihn zu berühren. Das ist das Spiel unseres Lebens. Wir müssen alles geben, um diesen Traum wahr werden zu lassen“, sagt Matuidi.

Dass die Franzosen nicht einmal, die Kroaten aber in jedem ihrer drei K.o.-Spiele in die Verlängerung mussten und einen Tag weniger zur Erholung hatten, sieht Matuidi nicht als Vorteil. Und die Kroaten wähnen sich deswegen nicht im Nachteil. „Im Endspiel holt man die Kraft, woher auch immer“, meinte Rakitic. Wille schlägt Körper. So kamen die Kroaten auch im Halbfinale noch einmal zurück und rangen England nieder.

Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic ist jetzt schon aufgeregt: „Ich weiß gar nicht, wie ich das bis Sonntag aushalten soll“, wurde sie von der Boulevardzeitung „24sata“ am Freitag zitiert. Mit ihrem feschen Outfit in den Landesfarben sorgte sie bereits für Aufsehen, das Endspiel will sich Grabar-Kitarovic auch nicht entgehen lassen.

Frankreichs Emmanuel Macron kommt auch nach Moskau. Nach vielen schweren Monaten vor allem durch die Terrorattacken vom November 2015 am Rande des Freundschaftsspiels der Franzosen gegen Deutschland in Paris will die Équipe tricolore die rauschende Titelparty auf den Champs-Elysées perfekt machen. Und nebenbei den Auftrag von Macron erfüllen, der vor der WM gesagt hatte: „Ein Wettkampf ist dann gelungen, wenn er gewonnen wird. Bringt uns zum Träumen.“