Geläuterter Boateng ohne Einfluss auf Ghana-Comeback
Fortaleza (dpa) - Als Ghana aufdrehte, saß Kevin-Prince Boateng bereits frustriert auf der Bank. Die frühe Auswechselung beim turbulenten 2:2 gegen seine ursprüngliche Heimat Deutschland setzte dem stolzen Offensivlenker der Afrikaner mächtig zu.
Doch der gereifte Bundesligaprofi des FC Schalke 04 hielt seine persönliche Enttäuschung zurück und präsentierte sich als Teamplayer. „Ich denke jetzt nicht über mich nach, ich denke an das Team. Es geht nicht immer um mich“, verkündete der Familienvater.
Freche Kommentare, mit denen Boateng nach dem 1:2 beim Gruppenauftakt gegen die USA die Autorität seines Trainers Kwesi Appiah öffentlich untergraben hatte, sparte sich der 27-Jährige dieses Mal. Auch er musste erstaunt anerkennen, dass seine Kollegen ohne ihn für wesentlich mehr Offensivfurore sorgten als zuvor 51 Minuten lang mit ihm. Auch deshalb blieben ihm letztlich kaum Argumente. „Der Trainer muss entscheiden und ich muss das akzeptieren. Ich möchte da nicht in seine Entscheidungen reinreden“, bemerkte er angestrengt. Dass der Coach den Schalker trotzdem für „eine gute Performance“ lobte, kam mehr einer höflichen Geste für den psychisch angeknacksten Profi gleich.
Trotz aller Fragezeichen um Boateng hat der starke Auftritt gegen die DFB-Auswahl in Fortaleza neue Hoffnung genährt. Wenn gegen Cristiano Ronaldos Portugiesen am Donnerstag in Brasília ein Sieg gelingen sollte, ist der Einzug ins Achtelfinale drin. „Wir waren die Underdogs vor diesem Spiel. Aber jetzt glauben wir fest, dass wir jeden schlagen können“, verkündete Top-Stürmer Asamoah Gyan zuversichtlich: „Wir wissen nicht, was passieren wird. Aber wir sind auch nicht beschämt, wenn wir es nicht schaffen sollten.“
Mit seinem Führungstreffer hatte der Kapitän die Afrikaner nur neun Minuten nach dem Ausgleich durch André Ayew (54.) sogar vom Sieg träumen lassen, ehe Miroslav Klose zurückschlug. „Wir müssen gegen Portugal gewinnen, dann sehen wir weiter“, sagte Boateng. Noch vor dem Duell mit zahlreichen Kollegen aus der Bundesliga hatte er abseits aller persönlicher Eitelkeiten zwei Siege gefordert. Jetzt könnten unter Umständen auch vier Punkte reichen. Zumindest die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw werde kaum Probleme mit dem Weiterkommen haben, prognostizierte der Gelsenkirchener: „Deutschland qualifiziert sich, die Mannschaft ist so stark. Und sie werden auch weit kommen in diesem Turnier.“
Traurig war Sulley Muntari. Der Mittelfeldabräumer, mit seiner bedächtigen Art ein Ruhepol in der Mannschaft, ist gegen Portugal gelbgesperrt. „Das gehört leider zum Fußball“, stellte der Italien-Legionär vom AC Mailand enttäuscht fest. „Wir müssen allein schon für Muntari Portugal schlagen, damit er noch ein WM-Spiel bekommt“, sagte Afriyie Acquah, der von 1899 Hoffenheim derzeit an den FC Parma ausgeliehen ist. Der 22 Jahre alte Mittelfeld-Youngster selbst durfte beim Weltturnier in Brasilien noch gar nicht ran.