Aussortierte Nationalspieler Götze und Schürrle: Karriere-Knick nach Karriere-Highlight
Dortmund (dpa) - Für Mario Götze war es Fluch und Segen zugleich. Vor vier Jahren schoss das technisch begnadete Talent Deutschland mit 22 Jahren zum vierten Weltmeistertitel. Seitdem ging es sportlich bergab mit der größten Verheißung im deutschen Fußball.
Götze scheiterte bei den Bayern, am Scheideweg nach langer Erkrankung bei Borussia Dortmund, ausgebootet im Nationalteam. Mit 26, obschon im besten Alter, ist Götze bei der WM in Russland nicht dabei.
„In dieser Saison war er wahrlich nicht in der Form, die er normalerweise bringen kann“, begründete Bundestrainer Joachim Löw dies. Eine WM ohne das schlampige Genie - das war im Mai noch eine große Meldung, obwohl der Dortmunder schon seit Monaten außer Form ist. Kaum Beachtung fand die Tatsache, dass auch Götzes Vorlagengeber zum 1:0 im WM-Finale von Rio de Janeiro 2014 gegen Lionel Messis Argentinien, André Schürrle (27), nicht mehr dabei ist. Götzes BVB-Teamkollege ist nach seinem Karriereknick der vergangenen Jahre beim Nationalteam längst außen vor, spielte im März 2017 sein bislang letztes von 57 Länderspielen.
Vor vier Jahren noch lag dem Duo zumindest ganz Fußball-Deutschland zu Füßen. Zusammen entschieden sie in Brasilien als Einwechselspieler das WM-Endspiel für die DFB-Auswahl. Schürrle, damals beim FC Chelsea aktiv, kam nach gut einer halben Stunde für den ausgeknockten Christoph Kramer, der damalige Münchner Götze kurz vor der Verlängerung für Miroslav Klose. In der 113. Minute dribbelte Schürrle an der linken Seitenlinie entlang. Fast 35 Millionen Deutsche schauten an den TV-Geräten gebannt zu, als ARD-Reporter Tom Bartels den sporthistorischen Moment kommentierte, in dem Schürrle im Strafraum Götze fand und der vollendete. „Schürrle. Er kommt an! Mach ihn! Mach ihn! Er macht ihn!“ - deutsche TV-Geschichte.
Legendär ist auch Löws Motivationsspruch bei der Einwechslung Götzes. „Jetzt zeig der Welt, dass du besser als Messi bist“, hatte der Bundestrainer seinem Jungstar damals nach eigener Auskunft mit auf dem Weg gegeben. Dies im Überschwang des Triumphes öffentlich gemacht zu haben, „hat Mario nicht unbedingt geholfen“, bekannte Löw inzwischen. So gut wie Messi oder gar besser ist Götze nie geworden.
„Mario hat möglicherweise das große Problem, mit der großen Außenwirkung klarzukommen. Das haben alle Spieler, die in jungen Jahren so viel Erfolg hatten“, unkte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Es mag auch am Druck gelegen haben, immer diesem Vergleich mit dem argentinischen Superstar ausgesetzt gewesen zu sein.
Es könnte auch an einer gewissen Bequemlichkeit liegen, die Weggefährten immer mal wieder andeuteten. Beim FC Bayern ist Götze letztlich gescheitert und kehrte 2016 zurück zum BVB, wo ihn auch eine Stoffwechsel-Erkrankung lange bremste. Auch dort schienen die Verantwortlichen zudem immer mal wieder der Verzweiflung nahe.
Als Götze beim Europa-League-Aus im Frühjahr in Salzburg mal wieder scheinbar extrem lustlos kickte, platzte dem damaligen BVB-Coach Peter Stöger der Kragen, er wechselte den Edeltechniker zur Halbzeit aus und kritisierte anschließend ungewohnt heftig: „Mit Mario waren wir einfach nicht zufrieden. Ordentliches Passspiel, Bewegung auf gefährlichen Positionen und Tiefgang - da war gar nichts zu sehen.“
Während Götze selbst nach dem WM-Triumph aus seinen Möglichkeiten zu wenig machte, liegt der Fall bei Schürrle etwas anders. Die Erwartungen an ihn waren angesichts des Potenzials Götzes immer geringer. Schürrle galt sogar bei Fans und Experten angesichts der für ihn bezahlten Summen als potenziell überschätzt.
Bei Chelsea war der ehemalige Mainzer und Leverkusener lediglich Ersatz, als der damals noch hoch ambitionierte VfL Wolfsburg ihn für gut 30 Millionen Euro verpflichtete. Auf dem Platz lief anschließend so gut wie nichts mehr zusammen. Auf Kritik von Fans und Medien reagierte Schürrle mit Unverständnis und teilweise beleidigt.
Es folgte 2016 der Wechsel nach Dortmund. Schon damals wunderte sich die Branche, dass der BVB erneut nahezu 30 Millionen Euro bezahlte. Schürrles Gegenleistung war bestenfalls überschaubar. „Beide Seiten sind - Stand jetzt - noch nicht zufrieden“, kritisierte Watzke im Januar in einem „Welt“-Interview deutlich. „Woran liegt es, dass es nicht funktioniert? Es scheint ja nicht nur bei uns in Dortmund bis jetzt nicht funktioniert zu haben.“
Dennoch hat Schürrle genauso wie sein Teamkollege Götze seinen Platz in den Geschichtsbüchern des deutschen Fußballs sicher. Damit ist das Duo vielen Akteuren mit deutlich mehr Länderspielen voraus. „Am Ende kann man sich auch in wenigen Minuten in die Geschichte eintragen“, sagte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff vor der am 14. Juni beginnenden WM. „Mario Götze und André Schürrle sind gute Beispiele. 2014 haben beide in Brasilien nicht den Durchbruch zum Stammspieler geschafft, aber mit ihren Aktionen das Finale entschieden.“