Joker Götze schießt Deutschland zum vierten WM-Titel

Rio de Janeiro (dpa) - Mit dem WM-Pokal in den Händen starteten Deutschlands Fußball-Helden nach vollendeter Titelmission in einen Party-Marathon, der erst am Dienstag vor dem Brandenburger Tor in Berlin enden soll.

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Ausgelassen tanzend ließen sich Kapitän Philipp Lahm und seine schwarz-rot-goldenen Mitstreiter in Rios Maracanã-Stadion von den 13 000 deutschen Fans für ihren vierten WM-Titel feiern, während aus den Lautsprechern der „Tote Hosen“-Hit „An Tagen wie diesen“ dröhnte.

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„Was wir geleistet haben und wie wir geackert haben, das ist unglaublich. Das zeichnet diese Mannschaft aus. Das ist ein unglaubliches Gefühl“, sagte Lahm, der um 19.04 Ortszeit aus den Händen von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff den Goldpokal entgegengenommen hatte. „Irgendwann werden wir aufhören zu feiern, aber wir werden immer wieder mit einem Grinsen aufstehen“, erklärte Manuel Neuer, der zum besten Torwart des Turniers gewählt wurde.

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Deutschland ist Weltmeister: "Die Mannschaft" besiegt Argentinien mit 1:0
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Den historischen 1:0-Triumph nach Verlängerung gegen Lionel Messis Argentinier hatte vor 74 738 Zuschauern Joker Mario Götze in der 113. Minute perfekt gemacht. Er stoppte eine Flanke von André Schürrle mit der Brust und jagte den Ball in die lange Ecke. „So ein Moment ist pures Glück, pure Freude und auch Stolz“, konstatierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der sich an die Jubelszenen beim letzten deutschen WM-Triumph 1990 in Rom erinnert fühlte.

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„Es war ein Nervenspiel. Ich wurde immer besorgter“, gestand Joachim Gauck, der die Partie an der Seite von Angela Merkel verfolgte. Bundespräsident und Bundeskanzlerin ließen es sich nicht nehmen, den Weltmeistern nach dem Spiel in der Kabine persönlich zu gratulieren.

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Miroslav Klose konnte derweil seine Rührung nicht verbergen und verdrückte mit seinen Zwillingen auf dem Arm ein paar Tränen. „Das ist einfach überragend. Das ist einfach das Sahnehäubchen, einfach Weltklasse“, gestand der 36-Jährige, der seine Zukunft im DFB-Trikot nach dem Finale offenließ. „Das ist ein unglaubliches Gefühl, das ist Freude pur. Wir freuen uns, dass wir Deutschland den Titel nach Hause bringen können“, sagte Jerome Boateng, der als Abräumer in der Innenverteidigung einen Klasse-Job machte.

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Der vierte WM-Titel nach 1954, 1974 und 1990 war ein historischer Triumph, da sich erstmals eine europäische Mannschaft auf dem amerikanischen Kontinent durchsetzte. Für die Generation um die Kapitäne Lahm und Bastian Schweinsteiger war es die Karriere-Krönung. Für den Triumph kassiert jeder der 23 deutschen Akteure die Rekordprämie von 300 000 Euro. Am Dienstagvormittag werden die Weltmeister den „goldenen Pott“ auf der Fanmeile in der deutschen Hauptstadt präsentieren. „Wir werden mit den Fans noch eine Riesenfeier abreißen“, kündigte Schürrle bereits an.

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Der kurzfristige Ausfall von Sami Khedira hatte die deutsche Erfolgself aus dem Viertel- und Halbfinale unmittelbar vor dem Anstoß gesprengt. Der während des Turniers immer stärker gewordene Mittelfeldspieler klagte nach dem Aufwärmen über Wadenprobleme und wurde in der Startformation durch Christoph Kramer ersetzt. Der Gladbacher ging unerschrocken, aber auch bisweilen ungestüm zu Werke. In der 17. Minute wurde Kramer von Ezequiel Garay im Zweikampf voll mit der Schulter am Kopf erwischt, konnte noch eine Zeit lang weiterspielen, musste dann aber doch mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung das Feld räumen.

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Bundestrainer Joachim Löw brachte in der 32. Minute Schürrle in die kampfbetonte Partie und stellte das System auf ein 4-2-3-1 um, Mesut Özil rückte jetzt auf seine Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld, wo Schweinsteiger ein enormes Pensum leistete und immer wieder Lücken schloss. Überfordert war Hummels mit der Bewachung von Messi, der als stärkste Offensivkraft auf dem Feld ein ständiger Gefahrenherd für die deutsche Abwehr war.

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Argentiniens Coach Alejandro Sabella hatte sein weiter ohne den verletzten Angel di Maria spielendes Team hervorragend auf den Gegner eingestellt. Mit zwei Viererketten machten Martin Demichelis und Co. die Räume vor dem eigenen Strafraum eng und gingen in den Zweikämpfen kompromisslos zur Sache. Vor allem Schweinsteiger und Thomas Müller bekamen immer wieder die Härte der Argentinier zu spüren. Müller ging im Finale leer aus und schaffte es nicht mehr, den Kolumbianer James Rodriguez im Kampf um die Torjägerkrone der WM zu überflügeln.

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Die deutsche Mannschaft war von Beginn um Spielkontrolle bemüht, während die Albiceleste vor allem auf Fehler lauerte, um zu überfallartigen Attacken anzusetzen. Nach acht Minuten zog Messi im Sprintduell an Hummels vorbei, doch in der Mitte hatte Schweinsteiger aufgepasst und schlug den Ball weg. Dann hätte ein Blackout von Kroos die deutsche Elf um ein Haar in die Bredouille gebracht. Der Münchner köpfte den Ball aus dem Mittelfeld unbedrängt zurück und lieferte damit eine Steilvorlage für Higuain, der jedoch von der unverhofften Möglichkeit überrascht wurde vorbeischoss (21.).

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Mit Schürrle auf der linken Seite erhielt das deutsche Offensivspiel in der Schlussphase der ersten Halbzeit mehr Kontur. Der Wahl-Londoner zwang Romero zur ersten Parade (37.). Zwei Minuten nach Wiederbeginn war der bis dahin fehlerlose Boateng gegen Messi erstmals nicht im Bilde, der Schuss des 27-Jährigen flog knapp am Kasten von Manuel Neuer vorbei. Die Aktionen der Südamerikaner wirkten nun zwingender, während sich die deutschen Offensivakteure von der sehr körperbetonten Spielweise beeindrucken ließen. In der 71. Minute verstolperte Schürrle noch eine gute Gelegenheit, danach verpasste Kroos (82.) das mögliche 1:0.

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Nach 90 dramatischen Minuten wogte die Partie in der Verlängerung weiter hin und her. Die erste Chance zur erlösenden Führung verpasste Schürrle, der Sergio Romero anschoss (91.). Sechs Minuten später stand Rodrigo Palacio nach einem Stellungsfehler von Mats Hummels frei vor Manuel Neuer, lupfte den Ball aber am Kasten vorbei.