„Keylor unser Zeus“ - Costa Rica feiert Torwart Navas

Recife (dpa) - Costa Ricas historische WM-Heldentaten nehmen langsam mythologische Formen an. „Wir sind durch!!! Wir haben es geschafft!!! Giganten!!!“, twitterte Costa Ricas Staatschef Luis Guillermo Solís nach dem Elfmeter-Krimi gegen Griechenland.

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Die Ticos eine der besten acht Fußball-Mannschaften der Welt? Unfassbar, aber wahr. Nun fordert die Nummer 28 der FIFA-Weltrangliste im Viertelfinale die Niederländer heraus. „Titanen! Costa Rica besiegte Griechenland im Elfmeterschießen und stieg in den Olymp auf!“, titelte „La Nación“. Das Fünf-Millionen-Einwohner-Land in Mittelamerika versinkt im WM-Rausch - und liegt Elfmeter-Hero Keylor Navas zu Füssen. „Keylor (Navas) ist unser Zeus“, feierte die Presse den überragenden Keeper.

Auf dem Handy des Hochgelobten gingen nach dem Thriller von Recife pausenlos Glückwunsch-SMS ein. Mit pantherhaften Paraden hielt Navas sein Team beim 1:1 nach 120 Minuten im Spiel und wehrte auch noch den entscheidenden Elfmeter des ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönigs Theofanis Gekas ab. „Ich danke Gott. Das ist ein Traum, der wahrgeworden ist. Wir können sehr stolz sein“, sagte der 27-Jährige vom spanischen Erstligisten Levante UD und posierte mit der Trophäe für den besten Spieler des Abends vor der Reklametafel eines Bierherstellers.

Von hinten schlich sich die costa-ricanische Legende Paulo Wanchope an. „Wechselst Du zu Barcelona oder Milan?“, fragte der Doppel-Torschütze aus dem Eröffnungsspiel der WM 2006 gegen Deutschland und klopfte dem 1,84 Meter großen Schlussmann feixend auf den Rücken. Auch Wanchope wusste, den erstmaligen Einzug ins Viertelfinale hat Costa Rica zu einem großen Teil seinem Torwart zu verdanken. „Unser Wille ist groß. Wir fürchten niemanden“, erklärte Navas. „Diese WM ist unvergesslich.“ In der Heimat feierten Tausende Costa Ricaner um den Springbrunnen der Fuente de la Hispanidad in San José das 5:3 im Elfmeterschießen gegen den Europameister von 2004.

Knapp 6500 Kilometer weiter südlich beantwortete der Matchwinner geduldig Frage um Frage. Als sich Navas als Man of the match in der Pressekonferenz in kurzen Hosen und rotem T-Shirt aufs Podium setzte, bat der besorgte FIFA-Offizielle darum, die Klimaanlage von der aktuellen Tiefkühltemperatur etwas hochzudrehen. Ein erkälteter Torwart würde Trainer Jorge Luis Pinto gerade noch fehlen.

„Ich denke, er ist einer der besten Torhüter der Welt“, sagte Pinto. In jedem Fall ist Navas nach dem Ausscheiden der Mexikaner mit Guillermo Ochoa der bislang auffälligste Schlussmann bei dieser WM mit den meisten Hochglanzparaden. Schon beim Sieg gegen Uruguay trieb der zweifache Familienvater die Angreifer der Südamerikaner zur Verzweiflung. Gegen die Griechen ging es genauso weiter. Teufelskerl Navas entzückte seine Landsleute.

Nach Treffern von Costa Ricas Kapitän Bryan Ruiz (52.) und des Dortmunders Sokratis (90.+1) stand es vor 41 242 Zuschauern bis zum Ende der Verlängerung 1:1 (0:0, 1:1). „Wir haben ihm vertraut, weil wir um seine außergewöhnlichen Fähigkeiten wissen“, sagte Pinto und räumte ein, dass sich sein Team in Unterzahl nach Gelb-Rot gegen Oscar Duarte (66.) irgendwie ins Elfmeterschießen retten wollte. „Der Torwart hat einen fantastischen Job gemacht“, musste auch Griechen-Coach Fernando Santos anerkennen.

Vor vier Jahren wechselte Navas von Costa Ricas größtem Club Deportivo Saprissa zum spanischen Verein Albacete Balompié. 2011 ging er zu Levante, wo er zwei Jahre lang nur die Nummer zwei hinter dem Uruguayer Gustavo Munua war. Erst in der vergangenen Saison arbeitete sich Navas zum Stammkeeper hoch. In der gesamten WM-Qualifikation musste er nur sieben Gegentore hinnehmen, in Brasilien trafen weder die Italiener noch die Engländer gegen ihn. Lediglich Uruguay gelang ein Treffer - und eben Sokratis.

„Es gibt nicht nur mich. Wir sind eine Einheit“, meinte Navas, aber Costa Ricas Klasse verwundert. Nach dem 1:0-Vorrundensieg gegen Italien wurden sogar sieben Akteure der Ticos zur Dopingprobe gebeten. Normal sind zwei. Es sollte absolut sicher gestellt werden, dass es bei dem Fußball-Wunder auch mit rechten Dingen zugeht.

Jetzt warten also Robben, Wesley Sneijder & Co auf Navas. „Wir haben großes Selbstvertrauen. Wir wollen mehr“, tönte Pinto. „Wir werden gegen sie mit dem nötigen Respekt antreten, aber mit dem klaren Willen zu gewinnen.“ Das Märchen soll weitergehen. Navas verabschiedete sich mit den Worten: „Ich wollte auch meine Kinder glücklich machen. Ich versuche immer, ein guter Vater und Freund zu sein. Ich würde mich freuen, wenn sie später mal sehen können, wie ihr Papa wichtige Dinge für sein Land erledigt.“