Klinsmann sucht trotz Sieg gegen Türkei nach Antworten

Harrison (dpa) - Es war der Härtetest, den sich Jürgen Klinsmann gewünscht hatte. Statt wichtiger Antworten gab es für den US-Nationaltrainer beim 2:1-Testspielsieg gegen die Türkei aber vor allem viele offene Fragen.

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Insbesondere die Abwehrleistung der Amerikaner war phasenweise indiskutabel. In dieser Form sind die US-Boys im Vorrundenspiel am 26. Juni für die deutsche Mannschaft keine Gefahr.

„Insgesamt war es das Spiel, das wir erwartet haben. Mit einer türkischen Mannschaft, die dir Probleme bereiten kann“, resümierte Klinsmann. Der Schwabe betonte, dass es „eine gute, offene Partie“ vor 26 762 Zuschauern in Harrison/New Jersey gewesen sei. Allerdings wurden vor allem die Abwehrschwächen schonungslos offengelegt. „Ich mache mir Sorgen um die Defensive. Die Jungs sehen aus wie eine Gruppe, die noch nicht zusammengespielt hat“, kritisierte Ex-Nationalspieler und ESPN-Experte Alexi Lalas zur Pause.

Vor allem Linksverteidiger Timothy Chandler vom 1.FC Nürnberg, der den Vorzug vor dem etablierten DeMarcus Beasley bekam, wirkte mehrfach völlig überfordert und orientierungslos. Zudem kamen die Amerikaner mit dem offensiv ausgerichteten Mittelfeld der Gäste nicht klar. Der Ex-Schalker Jermaine Jones sah sich in seiner Rolle als Abräumer vor der Abwehr oft zwei Gegenspielern ausgesetzt. Die Lücke zwischen ihm und dem weiter vorne agierenden Michael Bradley war viel zu groß. „Gegner wie Portugal oder Deutschland nutzen sowas gnadenlos aus“, meinte der frühere Nationaltorwart Kasey Keller. Die Türken trafen durch Dortmunds Nuri Sahin zunächst nur den Pfosten (12.).

In der Offensive hingegen sah Klinsmann etliche vielversprechende Aktionen. Das Highlight gelang Fabian Johnson. Der Hoffenheimer spielte in der 26. Minute mit Bradley einen Doppelpass und schoss den Ball mit seinem schwachen linken Fuß aus zwölf Metern halbvolley spektakulär ins lange Eck. „Solch schöne Tore sieht man von den USA nicht oft“, schrieb die „Sports Illustrated“. Für Johnson war es das erste Länderspieltor im US-Trikot. „Ich hatte keine andere Option, als Michael anzuspielen, habe den Ball direkt zurückbekommen und ihn dann perfekt getroffen“, freute sich der ehemalige deutsche U-21-Nationalspieler.

Nicht nur wegen seines Traum-Tores dürfte Johnson auf der rechten Außenposition der Vierer-Abwehrreihe gesetzt sein. Auch Jones hat gute Chancen, am 16. Juni beim WM-Auftakt in Natal gegen Ghana von Beginn an auf dem Rasen zu stehen. Chandler hingegen konnte sich trotz seiner Vorlage zum 2:0 von Clint Dempsey (52. Minute) nicht für einen Stammplatz empfehlen. Mit einem Stellungsfehler leitete der Bundesliga-Profi den Gegenzug ein, der letztlich zu einem Handelfmeter für die Türkei - und zum Gegentreffer in der Schlussminute führte.

Auch der in der zweiten Halbzeit eingewechselte Verteidiger John Anthony Brooks (Hertha BSC) und Mittelfeldmann Julian Green (Bayern München) werden es schwer haben. Den letzten Feinschliff will Klinsmann seiner Mannschaft zum Abschluss ihres dreieinhalbwöchigen Trainingscamps am Samstag gegen WM-Teilnehmer Nigeria verpassen.