Heiß auf WM Marco Reus: Der Routinier ohne DFB-Routine
Eppan (dpa) - Marco Reus konnte es kaum erwarten, dass Kollege Timo Werner einen der WM-Bälle aus dem Ballsack kramte und zu ihm schoss. Sofort jonglierte der Dortmunder auf dem Trainingsplatz in Südtirol mit der weiß-schwarzen Kugel und plauschte nebenher munter mit den Mitspielern.
Endlich kann sich der Offensivspieler, lange Zeit der größte Pechvogel im deutschen Fußball-Nationalteam, ohne Beschwerden und Schmerzen auf ein großes Turnier vorbereiten. „Marco hat schon außergewöhnliche Fähigkeiten. Er ist in manchen Situationen im Training eine Rakete“, lobte Bundestrainer Joachim Löw den BVB-Profi.
Reus brennt auf seine erste Weltmeisterschaft, auf Partien, in denen es um viel geht. „Als Spieler will ich doch genau in solchen Spielen auf dem Platz stehen“, sagte er im Trainingscamp. Vor der EM-Endrunde 2016 in Frankreich musste er wegen einer Verletzung an seinem 27. Geburtstag die Hoffnungen begraben. Auch die triumphale WM 2014 in Brasilien hatte er nach einer schweren Verletzung im letzten Testspiel in letzter Minute verpasst. Sein Weg nach Russland war wieder schwierig. „Ich hatte schon viele Verletzungen, aber dieser Teilabriss des Kreuzbandes war meine schwerste“, sagte Reus zur achtmonatigen Pause bis zum 10. Februar dieses Jahres.
Am Samstag gegen Österreich kann Reus nach 795 Tagen erstmals wieder das Deutschland-Trikot in einem Wettkampf tragen. Noch bleibt Löw etwas vorsichtig: „Ich hoffe für uns und ihn, dass er nächste Woche durchsteht, dass alles gut geht. Dann können wir uns auf einen guten Marco Reus bei der WM freuen.“ Der Bundestrainer schwärmte am Tag vor dem vorletzten WM-Testspiel in Klagenfurt regelrecht: „Er hat ein unglaubliches Können, ist wahnsinnig geschickt und intelligent, überraschend für den Gegner. Es wirkt alles so leicht.“
In den Länderspielen im März gegen Spanien (1:1) und Brasilien (0:1) hatte Löw noch auf Reus verzichtet. Mehr als zwei Jahre nach seinem bisher letzten Länderspiel am 29. März 2016 (4:1 gegen Italien) könnte es nun endlich mit dem DFB-Comeback klappen. Reus' Erwartungen an sich selbst sind hoch. Sein Ziel: Stammplatz statt nur Ersatzkraft. „Ich habe schon den Anspruch, dass ich der Mannschaft helfen möchte - auf dem Platz.“ Bisher verhinderte das vor allem sein Verletzungspech. Sein Debüt im Nationaltrikot liegt fast sieben Jahre zurück - aber es stehen nur 29 Länderspiele in seiner Statistik.
Mit 29 Jahren ist Reus ein Routinier ohne Routine im Nationalteam. Das einzige Turnier erlebte er bei der EM 2012. Der Bundestrainer sieht in Reus dennoch einen Mann „für außergewöhnliche Dinge“ in seinem WM-Ensemble. Der variabel spielende Reus müsse „nicht permanent über links“ kommen, erklärte Löw in Südtirol. „Er ist auch mal eine gute zweite Spitze, auch eine hängende Spitze, weil er für sein Spiel viele Freiräume benötigt.“
„Ich weiß, was ich kann“, sagte Reus. Er ist der einzige Dortmunder in Löws WM-Kader. Er ist einer der schnellsten Spieler im DFB-Team, kann präzise Pässe spielen. Dazu ist er eminent torgefährlich. „Für uns ist es gut, dass Marco nach längerer Abwesenheit wieder bei der Nationalmannschaft ist“, betonte Weltmeister-Trainer Löw.