Masterplan von Sabella geht auf
São Paulo (dpa) - Joachim Löws Gegenspieler im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft ist auch ein Masterplaner. Wie Löw sammelte Alejandro Sabella als Assistenz-Coach bei einer WM schon seine Erfahrungen - und kann Argentinien in Rio de Janeiro nun zum dritten WM-Titel führen.
Warum Mitfavorit Argentinien nur so verhalten und pragmatisch-ökonomisch in die WM gestartet war, erklärt sich auch aus einer Lehre, die Sabella aus dem Viertelfinal-Aus 1998 in Frankreich als Co-Trainer von Daniel Passarella zog.
„In bestimmten Turniersituationen würde ich mehr darauf achten, dass wir besser mit unseren Energien haushalten“, sagte Sabella noch vor der WM in einem FIFA-Interview. Und bei seiner ersten Pressekonferenz in Brasilien machte der 59-Jährige deutlich, dass alle Strategien, alle Planungen letztlich auf sieben Spiele, sprich das Erreichen dieses Finales im berühmte Maracanã am 13. Juli ausgelegt sind.
Sabella wies vor rund vier Wochen schon darauf hin, welche körperliche Belastung die Mittagsspiele bei dieser WM bedeuten würden - Argentinien hatte vier davon. Sabella wies auf die Reisestrapazen hin. Sabella wies daraufhin, dass manche Teams womöglich schon zu Beginn zu viele Kräfte lassen würden. Alles sachlich, alles durchdacht.
Überhaupt war Sabella, ein eher ruhiger Trainer mit subtilem Witz und einfallsreichen Lobeshymnen für seinen Superstar Lionel Messi („Wasser in der Wüste“) seit dem Einzug ins WM-Quartier Cidade do Galo beeindruckend gefestigt und gelassen. Dass er als Spieler, der es auf vier Länderspiele brachte, den Spitznamen „Pachorra“ bekam, was so viel wie Trägheit oder Phlegma bedeutet, sagt manches aus.
Als die Fragen nach Messis Einfluss und dessen öffentlicher Kritik an der defensiven 5-3-2-Formation in der ersten Halbzeit beim wenig erbaulichen Auftaktmatch gegen Bosnien-Herzegowina (2:1) nicht enden wollten, bewahrte Sabella stets Ruhe und Contenance. Er selbst schickte Messi sogar höchstpersönlich zur Pressekonferenz am Tag nach dem ersten Gruppenspiel. Und der Kapitän der „Albiceleste“ bekräftigte dort seine kritische Einschätzung. „Meine Spieler dürfen frei reden, was sie wollen. Ich sagen ihnen doch nicht, was sie bei einer Pressekonferenz sagen sollen“, betonte Sabella danach.
Sabella sei bei den Spielern „für seine offene Art und seine Zugänglichkeit beliebt“, schreibt die FIFA. „Wir wissen, dass der Trainerstab sehr offen für alle Meinungen ist“, sagt Abwehrspieler José Basanta. Sabella bevorzugt den offenen Dialog, die Entscheidungen trifft letztlich er.
Der Fußball-Lehrer mit dem schütteren Haar hält sich für alles andere als unfehlbar. „Auch der Coach kann mal einen schlechten Tag haben, morgens aufstehen und die falsche Entscheidung treffen“, sagte er in Brasilien. Offensichtlich hatte er bei der WM aber bislang nur gute Tage, sofern man die Ergebnisse zugrunde legt.
Er vertraute in der Gruppenphase praktisch immer der gleichen Mannschaft, nach einer kurzen Vorbereitung musste sich das Team erst einmal finden. Im Viertelfinale gegen Belgien stellte Sabella seine Startelf auf drei Positionen um und auch dieser Plan ging auf, Argentinien überzeugte erstmals in dem Turnier.
Gegen Löws Schützlinge wird nach deren unfassbarer Vorstellung gegen Argentiniens Erzrivalen Brasilien erneut auch der Taktiker in Sabella gefragt sein. Seine Vorgänger José Pekerman bei der WM 2006 und Diego Maradona 2010 waren genau daran gescheitert. Der eine wechselte damals falsch aus, ließ den seinerzeit erst 19 Jahre alten Messi auf der Bank schmoren, schied im Elfmeterschießen aus und erklärte umgehend seinen Rücktritt. Maradona ließ Messi & Co. 2010 beim 0:4 in Südafrika ins offene Messer laufen und wurde danach vom Verband rausgeschmissen. Masterplaner Sabella steht vor seinem Meisterwerk.