Trainergespann Oranje-Duo überrascht bei WM mit Australien

Kasan (dpa) - Ein Blickkontakt, ein kurzes Gespräch. Mark van Bommel leitet die Übung und gibt Anweisungen, sein Schwiegervater und Chef Bert van Marwijk ist auf dem Trainingsplatz der australischen Fußball-Nationalmannschaft im russischen Kasan eher Beobachter.

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Der frühere Bundesliga-Coach und sein Assistent arbeiten bei der Einheit ohne viele Worte eng zusammen. Das Vertrauensverhältnis ist wichtige Grundlage ihrer Arbeit, mit der sie die Socceroos in den vergangenen sechs Monaten in eine beeindruckende WM-Form gebracht haben.

Nach dem beachtlichen 1:2 gegen Frankreich im ersten WM-Spiel bekamen die als Außenseiter gestarteten Australier viel Lob. Gegen Dänemark am Donnerstag (14.00 Uhr) in Samara braucht das Team nun dringend einen Sieg. „Wenn man bei drei Spielen das erste verliert, muss man die anderen zwei gewinnen“, sagte Ex-Bayern-Profi van Bommel.

Der 41-Jährige spielt bei der Fußball-Mission Down Under eine große Rolle. „Er hat auf dem höchsten Level gespielt, ich lerne viel von ihm“, sagte Aaron Mooy über van Bommel, der aus der Zeit in München 2006 bis 2011 als aggressiver, führungsstarker Vollblut-Profi in Erinnerung ist. Dem früheren BVB- und HSV-Coach van Marwijk ist sein Trainerteam so wichtig, dass er es aus eigener Tasche bezahlt: „Sie müssen durch meine Augen sehen, sie müssen sofort wissen, was ich meine.“

Und die Rollenverteilung ist klar: Van Bommel hat einen direkten Draht zum Team, van Marwijk ist Respektsperson und der Boss. Er hält zu Beginn des Trainings eine kurze Ansprache, dann gibt sein Pfiff das Signal zum Beginn des Aufwärmprogramms. „Wenn er will, dass wir springen, fragen wir, wie hoch“, sagte Australiens Altstar Tim Cahill - immerhin viermaliger WM-Teilnehmer - über das Verhältnis zu ihm.

In Russland präsentiert sich van Marwijk als Coach der alten Schule. Mit technischen Neuerungen wie dem Videobeweis fremdelt er, nach der Premiere - durch die Australien das 0:1 gegen Frankreich kassierte - beschwerte er sich über den Referee. Das Übersetzungsgerät in den Pressekonferenzen behandelt er, als käme es aus einer anderen Welt.

In Australien wird van Marwijk vor allem wegen seiner internationalen Erfolge - er führte Oranje ins WM-Finale 2010 - geschätzt. „Bert van Marwijk verkörpert Weltklasse“, sagte Verbandschef Steven Lowy bei dessen Vorstellung. Der Niederländer bringe die richtige Mischung aus Lockerheit und Strenge mit, urteilte Cahill. „Bert hat eine Präsenz, aber auch eine Weichheit, an der Spieler sich anlehnen können.“ Sein auch sehr erfahrener Teamkollege Mark Milligan sagte: „Er weiß genau, was er tut. Sein Selbstbewusstsein überträgt sich auf das Team.“

Dabei ist die WM-Mission mit Australien wohl eine der schwersten in der Karriere van Marwijks. Eigentlich hatte sich der 66-Jährige mit Saudi-Arabien für die WM qualifiziert, konnte sich dann aber mit dem Verband nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. Also sagte er zu, als Australien im Januar einen Trainer suchte. Über das 1:4 gegen Norwegen zum Start sagt er rückblickend: „Das war erschreckend.“

Anschließend machten er und sein Trainer-Team die in vielen Bereichen zweitklassige Mannschaft fit für die WM. „Die meisten Spieler sind in der englischen Championship aktiv, also in der Zweiten Liga. Und das ist ungefähr auch das Niveau der ganzen Mannschaft“, urteilte van Marwijk. Van Bommel berichtete: „Wir haben hart gearbeitet, nicht nur physisch, sondern auch taktisch. Wir haben jetzt bei der WM viel von dem gesehen, was wir trainiert haben. Das macht uns sehr stolz.“

Dennoch steht fest, dass das niederländische Trainerteam nach der WM von einem neuen Stab um Graham Arnold abgelöst wird. Van Bommel ist als Trainer bei der PSV Eindhoven im Gespräch. Für van Marwijk, der seine Karriere eigentlich 2014 beendet hatte, könnte der Ruhestand folgen. Die WM mit Australien, der Auftritt auf der „größten Bühne im Fußball“, wäre dann der letzte seiner Karriere. Ein Sieg soll dort aber mindestens noch herausspringen: „Wir wissen, dass es schwer wird, aber wir sind nicht nur hier, um Sparringspartner zu sein.“