Schwarzer Abend für Reus - Sorgenvoller Blick von Löw

Mainz (dpa) - Als Marco Reus mit schmerzverzerrtem Gesicht gestützt von Arzt und Physiotherapeut in die Kabine geleitet wurde, musste Joachim Löw Schlimmstes befürchten. Sorgenvoll blickte der Bundestrainer dem am linken Sprunggelenk verletzten WM-Hoffnungsträger entgegen.

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Eine mutmachende Reaktion der Offensivkraft gab es nicht. Nur zaghaft kamen Marco-Reus-Rufe von den Rängen: Die Fans in Mainz beschlich bei der Weltmeisterschafts-Generalprobe gegen Armenien schon eine bittere Vorahnung.

Kurz vor der Pause (44. Minute) hatte Artak Jedigarjan den Dortmunder am Sprunggelenk getroffen, Reus blieb zusammengekrümmt auf dem Rasen liegen. Schnell waren Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Physiotherapeut Klaus Eder auf das Spielfeld geeilt. Nach einem kurzen Blick auf den Patienten gaben sie ebenso rasch das Signal zum Wechsel, der später starke Lukas Podolski kam in der Nachspielzeit der ersten Spielhälfte in die Partie. Für Reus ging es dagegen in die Mainzer Uniklinik zur Kernspintomographie. „Ich habe in der Halbzeit gesehen, dass es schon geschwollen war. Ich hoffe, dass er nichts an den Bändern hat“, sagte ein besorgter Löw kurz nach dem Spiel.

Bis zu seiner wohlmöglich folgenschweren Auswechslung am Tag, als Franck Ribéry der WM-K.o. ereilte, war Reus ein Aktivposten. „Ich habe einfach diesen Spieltrieb in mir“, bekundete der Instinktfußballer wiederholt. Das zeigte er auch am Freitagabend. Ballsicher, dribbelstark, ideenreich: Nur beim Torabschluss war er nicht effektiv genug.

Nach Pass von Thomas Müller (13. Minute) tunnelte der Dortmunder Armeniens Keeper Roman Beresowski, doch der Ball wurde noch kurz vor der Linie geklärt. Die einzige gefährliche Ecke in der ersten Spielhälfte schlug der seit einer Woche 25-Jährige. Jerome Boatengs Kopfball (31. Minute) ging aber knapp an Armeniens Tor vorbei. Erneut nach feinem Zuspiel von Müller ließ Reus nur eine Minute später eine weitere Großchance aus.

Doch auch ohne seinen achten Länderspieltreffer hatte Reus („Ich habe pure Vorfreude auf die WM“) weitere Lust auf seine Auftritte in Brasilien geweckt und seine hochgelobten Leistungen in der Bundesliga-Saison fortgesetzt. „Ich habe in den letzten Monaten viel gearbeitet für die WM“, sagte der 21-malige Nationalspieler kürzlich im Trainingslager. „Ich denke, ich habe noch einmal eine Entwicklung genommen in den zwei Jahren.“ Bei der EM 2012 hatte Reus, der im Oktober 2011 beim 3:1 gegen Türkei debütierte, noch lange auf seine Chance warten müssen. Auch der Start in seine DFB-Karriere war schwierig: Gleich viermal musste er nach Einladungen absagen.

Im Falle einer schwerwiegenden Verletzung kann Bundestrainer Löw auch Spieler nachnominieren, die nicht zum 30er Kader gehörten. Doch ein Klassemann wie Reus würde dem deutschen Team in jedem Fall fehlen. „Mit Verletzungen muss ich als Trainer leben“, sagte Löw am Tag vor dem Freundschaftsspiel. „Man kann nicht davon ausgehen, dass man alle seine Wunschspieler immer zur Verfügung hat.“

Mut machen konnte zunächst nicht viel beim DFB. Höchstens das: Als Reus-Ersatz empfahl sich Chelsea-Profi André Schürrle - nicht nur mit seinem Tor in der 52. Minute.