Van Gaal wegen System-Wechsel in Kritik

Amsterdam (dpa) - Eine Woche vor WM-Beginn steht der niederländische Nationaltrainer Louis van Gaal in der Heimat wegen seines Systemwechsels am Pranger.

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Nachdem der Vize-Weltmeister auch beim 2:0 gegen Wales nicht überzeugen konnte, nahm die Kritik an van Gaals Abkehr vom traditionellen 4-3-3-Format vor dem Abflug des Oranje-Teams nach Rio de Janeiro am Donnerstagabend neue Fahrt auf. In Arie Haan und Ronald Koeman meldeten sich prominente Kollegen van Gaals mit kritischen Stimmen zu Wort, und selbst in der Mannschaft scheint es einige Zweifel an den Plänen des Bondscoaches zu geben.

„Wir finden vorne die freien Spieler noch nicht“, kritisierte Bayern-Star Arjen Robben nach der glanzlosen Generalprobe in der Amsterdam Arena. „Wir treffen bei Ballbesitz noch zu viele falsche Entscheidungen“, sagte er dem niederländischen Fernsehsender SBS6. Der 30-Jährige hatte die Elftal gegen Wales vor der Pause in Führung gebracht, Jeremain Lens nach dem Seitenwechsel für den Endstand gesorgt.

Robben, Kapitän van Persie und Wesley Sneijder sind in van Gaals Stammformation die einzigen Offensivkräfte - und das in jenem Land, das seit Jahrzehnten für seinen bedingungslosen Offensiv-Fußball - den „Voetbal total“ - steht. Es sei „eine Todsünde, dass dies nun, 40 Jahre später, zum Fenster rausgeworfen wird“, sagte der ehemalige niederländische Nationalspieler und frühere Bundesliga-Trainer Arie Haan, 1974 und 1978 mit Holland als Spieler Vize-Weltmeister. Van Gaals Vorgänger Bert van Marwijk hatte zuvor ebenfalls Kritik geäußert.

Auch Feyenoord-Coach Ronald Koeman sieht noch viel Arbeit für das Oranje-Team. Zwar ließ der Europameister von 1988 mit seinem Team ebenfalls im 5-3-2-System spielen, allerdings hatte die Mannschaft ein Jahr lang Zeit, sich darauf einzustellen. Van Gaal ließ hingegen die komplette Qualifikation über mit drei Angreifern spielen und stellte erst zu Beginn der Vorbereitung Mitte Mai um.

Koeman hat deshalb auch seine Zweifel. „Nichts gegen Wales, aber Spanien bestraft uns für so eine Leistung“, sagte der 51-Jährige mit Blick auf das erste Gruppenspiel gegen den Titelverteidiger am 13. Juni in Salvador.

Van Gaal kann die aufkommende Kritik wie immer nichts anhaben. „Wir haben Fortschritte gemacht“, sagte der Bondscoach. „Bis zum Spiel gegen Spanien haben wir noch ein paar Tage, erst dann müssen wir bereit sein.“. Immerhin muss er sich um den in der Halbzeit in der Kabine gebliebenen van Persie keine Sorgen machen. „Es war ein vorsorglicher Wechsel“, sagte der Kapitän, der über Leistenprobleme klagte. „Ich würde es nicht einmal ein Verletzung nennen.“