Weltmeister werden: Störfeuer und Luxusprobleme

Klinsmann klagt über einen Tag Pause weniger. Löw hat im Mittelfeld die Qual der Wahl.

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Santo André. Wer Weltmeister werden will, muss über das Tableau laufen. Über einen zweigeteilten Hindernis-Parcours mit vorgeschriebenen Wegen und zu erwartenden Hürden. Aber nicht jedes Hindernis, das die Fußball-Welt zu bieten hat, muss einem dort in die Quere kommen. Brasilianer und Holländer beispielsweise laufen zunächst auf einer anderen Schiene als die Deutschen, was für jeden, der das Finale anstrebt, kein Nachteil ist.

Ein Sieg gegen die USA oder ein Unentschieden — und Deutschland würde am Montag, ab 22 Uhr, in Porto Alegre spielen. Fünf Stunden Flug ins Landesinnere. Nachts wieder zurück. Soll man sich das wünschen? Dann vielleicht doch besser am Dienstag nach Salvador. Spielbeginn zwar auch 22 Uhr, aber nur eine Stunde Flug. Müsste man allerdings auf den Gruppensieg verzichten und Zweiter werden.

Noch offen ist, wer dann auf Deutschland wartet. Belgien, Algerien, Russland oder Südkorea? Alles möglich. Und danach? Viertelfinale gegen Frankreich, Halbfinale gegen Brasilien, Endspiel gegen Holland. Weltmeister! Thomas Müller lacht darüber sein Müller-Lachen. Ein wenig schief, weil der Riss über dem rechten Auge, den er sich beim 2:2 gegen Ghana eingefangen hat, noch zwickt. Müller erinnert daran, „dass es bei einer WM immer schneller vorbei sein kann, als man denkt“. Eine Pleite heute, gleichzeitig ein torreicher Sieg Ghanas gegen Portugal, und die WM wäre für Deutschland zu Ende. Teammanager Oliver Bierhoff hält deshalb nichts davon, „sich Ergebnisse auszusuchen, damit fliegt man immer auf die Schnauze“.

Das möchte auch US-Trainer Jürgen Klinsmann nicht, der sich vor dem Spiel nicht für Störfeuer zu schade ist. Also hat er eine Verschwörung der Fifa gegen die Underdogs entdeckt. Klinsmann: „Es wurde alles dafür getan, dass die Favoriten eine Runde weiterkommen. Wir müssen den steinigen Weg gehen.“ Es ärgert den 49-Jährigen, dass seine US-Boys einen Tag weniger Zeit zur Erholung hatten als die Deutschen. Klinsmann: „Die haben am Samstag gespielt, wir Sonntag. Hinzu kommt, dass wir im Amazonas-Gebiet spielen mussten. Die Deutschen konnten ganz in der Nähe ihres Camps bleiben.“

Hansi Flick hat dazu die Achseln gezuckt. „Wir wussten alle, wie der Spielplan aussieht. Wir haben unser Base-Camp so gewählt, wie es für uns optimal ist. Jede Mannschaft hatte die Möglichkeit, das für sich selbst zu gestalten“, konterte der Löw-Assistent Klinsmanns Klage, die freilich zeigt, wie angespannt der Wahl-Amerikaner vor der Begegnung mit Deutschland ist.

Joachim Löw dagegen wirkt noch entspannter als sonst. Es sind bestenfalls Luxusprobleme, die ihn beschäftigen müssen. Wohin mit seinem Kapitän Philipp Lahm, der es im Mittelfeld noch nicht zur WM-Form gebracht hat? Und was mit Bastian Schweinsteiger, der zwar die Form hat, aber noch keinen Platz in der Mannschaft? Soll er Sami Khedira eine Pause gönnen, um damit für Schweinsteiger Platz zu schaffen? Probleme, die Jürgen Klinsmann gerne hätte.