WM-Fahrplan ohne Führerschein
Die Probleme des Bundestrainers werden vor der WM nicht weniger.
St. Leonhard. Sonne weg, Führerschein weg, Lockerheit weg — es läuft einfach nicht rund für Joachim Löw in der WM-Vorbereitung. Der Bundestrainer darf im regnerischen Südtirol nur Mountainbike oder Golfcar fahren. Dass die Nachricht vom erneuten Führerscheinentzug des Bundestrainers das Passeiertal genau an jenem Tag erreichte, an dem der derzeit schnellste Autofahrer der Welt zu Gast bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft war, entbehrte nicht einer gewissen Ironie.
„Punkte in Flensburg habe ich noch nie in meinem Leben bekommen. Ich habe Glück, ich kann mich auf der Rennstrecke austoben“, erklärte Formel-1-Spitzenreiter Nico Rosberg, der am Dienstag gemeinsam mit Golf-Star Martin Kaymer das DFB-Team besuchte. „Ich weiß, dass ich mich hier zügeln muss“, räumte Löw als Wiederholungstäter ein.
Schon als junger Trainer beim FC Tirol Innsbruck (2001-02) war der Freiburger wegen zu schnellen Fahrens mit dem Handy am Ohr und ohne Vignette von der Polizei angehalten worden. Vor der WM 2006 wurde Löw als Chauffeur seines damaligen Chefs Jürgen Klinsmann mit Tempo 134 statt der erlaubten 100 Kilometer pro Stunde gestoppt und war seinen „Lappen“ für vier Wochen los.
Dieses Mal ist der DFB-Chefcoach wegen wiederholter Tempoverstöße sogar für mindestens ein halbes Jahr Fußgänger und Bahnfahrer. Bereits im März soll die Verkehrssünderkartei von Löw 18 Punkte aufgewiesen haben. Dies bestritt Löws Anwalt auf Anfrage des „Flensburger Tagblatts“, das zuerst über den Fall geschrieben hatte. Laut der Zeitung „Die Welt“ habe er den Führerschein bereits vor drei Monaten abgeben müssen.
„Ich habe meine Lektion gelernt und werde mein Fahrverhalten ändern“, wurde Löw in einer Erklärung des Deutschen Fußball-Bundes zitiert. Nachdem nun die Geschichte von den Verfehlungen des Bundestrainers die Runde macht, könnte man auch mutmaßen, warum Löw so vergleichsweise milde auf das Pinkel-Skandälchen um Dortmunds Kevin Großkreutz reagiert hat. Wer im Glashaus sitzt. . .
„Wir wollen natürlich immer Vorbild sein, aber wir sind alle Menschen, da passieren immer Fehler“, kommentierte Oliver Bierhoff Löws Fehlverhalten: „Wir werden mit unserem Generalsponsor Mercedes-Benz sprechen, dass man Jogi nur noch Autos gibt, die tempolimitiert sind“, scherzte der Teammanager. Bei den vielen Kilometern, die Löw von Freiburg aus jedes Jahr fahre, passiere so etwas eher.
Beim gemeinsamen Mittagessen im Hotel Andreus hatten die Trainer und Fußball-Nationalspieler die Gelegenheit, mit Rosberg, Kaymer und DTM-Pilot Pascal Wehrlein auch über schnelle Autos zu diskutieren. Bei einem kleinen Dreikampf am Fahrsimulator, einer Torwand und einem Golfloch maßen die Spitzenathleten aus den verschiedenen Sportarten ihre Kräfte.
Mercedes-Pilot Nico Rosberg bemerkte: „Es ist wichtig, dass man sich auf die WM freut.“ Daran sollte auch ein Führerscheinentzug nichts ändern.