Generation Gold: Boll-Team holt fünften EM-Titel
Danzig (dpa) - Für Timo Boll und die Generation Gold zählte nur der Sieg. Deutschlands Tischtennis-Herren haben ihren Ausnahmestatus im EM-Finale eindrucksvoll bestätigt und durch ein klares 3:0 gegen Rekord-Europameister Schweden zum fünften Mal in Serie den Titel gewonnen.
Die Medaillensammlung wurde um ein wertvolles Gold-Exemplar aufgestockt. So dominant wie das Team um Top-Star Boll treten weltweit sonst nur die Chinesen auf - die Drei-Kronen-Auswahl mit Ex-Weltmeister Jörgen Persson (45) war letztlich chancenlos gegen Europas alte und neue Tischtennis-Könige.
„Die Freude ist vielleicht nicht ganz so ausgelassen wie beim ersten Mal“, sagte der WM-Dritte Boll. „Aber wir haben eine Super-Generation mit vier, fünf Top-Leuten. Da sind wir einfach schwer zu schlagen“, fügte er sichtlich stolz hinzu. Nach dem entscheidenden Punkt wurde sein Düsseldorfer Patrick Baum von den Teamkollegen regelrecht zu Boden gerissen - anschließend tanzte die Mannschaft mit Bundestrainer Jörg Roßkopf im Kreis, fast so wie 2007 in Belgrad, als die Super-Serie begann.
„Es wird immer schwieriger, den Titel zu verteidigen. Es ist eine tolle Motivation für uns, als Europameister in das WM-Jahr 2012 in Dortmund zu gehen“, erklärte Roßkopf. Er konnte diesmal auch Dimitrij Ovtcharov einsetzen, der sich wieder fit fühlte. „Wir haben das beste Team und bleibe immer hungrig“, versprach „Dima“, telefonierte fix mit Vater und Freundin und kündigte forsch eine weitere Medaillenjagd im Einzel an: „Deswegen bin ich hier.“
„Es ist ein gutes Gefühl, ein Turnier mit einem Sieg zu beenden“, sagte Ausnahmespieler Boll. Der 30-jährige Linkshänder hatte am Vortag die Mannschaft des Olympia-Zweiten mit einer Glanzleistung gegen Portugal zum zehnten Mal in ein EM-Finale geführt und nahm bei der Siegerehrung seine insgesamt 14. EM-Goldmedaille in Empfang. Nummer 15 kann im Einzel-Wettbewerb am Sonntag folgen. „Der Wille, sich zu quälen, ist noch groß“, sagte Boll.
„Schweden hat große Gegenwehr geleistet, unter dem Strich war der Sieg aber verdient. Spielerisch sind wir stärker“, freute sich Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig über eine EM-Premiere. Nach vier vergeblichen Anläufen in den Jahren 1980, 1990, 2000 und 2002 gelang den Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) der erste Endspiel-Sieg gegen die Nordeuropäer. Die besondere Leistung von Persson, der sich mit dem deutschen Team in Düsseldorf auf die EM vorbereitet hatte, nötigte allen Beteiligten großen Respekt ab.
Boll schnaufte nach dem 9:11, 11:4, 11:8, 11:9-Sieg gegen den Europameister von 1986 tief durch. „Er hat verdammt gut gespielt, ist trotz seines Alters unglaublich fit und hatte keine Probleme mit meinen Aufschlägen“, lobte die Nummer vier der Welt den schwedischen Routinier nach dem Auftakteinzel. Der Weltranglisten-13. Ovtcharov , erhöhte gegen Pär Gerell auf 2:0, und der formstarke EM-Zweite Baum machte mit einem Fünf-Satz-Sieg gegen Jens Lundqvist den Sack zu.
„Deutschland hat die besten Strukturen“, erklärte Ex-Bundestrainer Richard Prause die Überlegenheit der DTTB-Herren. Dabei traten die „Chinesen Europas“ in Polen ohne den achtfachen Europameister Christian Süß an und mussten im Halbfinale zudem den indisponierten Ovtcharov ersetzen. Auf den Lorbeeren ausruhen kann sich das Boll-Team aber nicht: 2013, wenn wieder ein Team-Titel vergeben wird, werden die Portugiesen noch einen Tick stärker sein.
Auch im Damen-Wettbewerb blieb die Wachablösung aus. Das Team der Niederlande gewann mit 3:0 gegen Rumänien zum vierten Mal in Serie den Titel. Das siegreiche Oranje-Trio Li Jiao (38), Li Jie (27) und Elena Timina (42) stammt aus China und Russland und bringt es zusammen auf 107 Jahre.