Gladbachs neues Kraftzentrum
Christoph Kramer strotzt vor Selbstvertrauen. Aber kann er der Borussia am Donnerstag gegen Sarajevo von Beginn an helfen?
Mönchengladbach. Die Fäuste geballt, der Blick entschlossen, der gesamte Körper im Adrenalin-Schub durchgestreckt — ein bisschen Mario Balotelli kann jeder. Aber nicht jeder ist Weltmeister. Wie Christoph Kramer. Da braucht es auch nicht zwingend, sich das Trikot vom Leibe zu reißen.
Kramer krönte seine Rückkehr ins Team von Borussia Mönchengladbach vor vier Tagen mit dem Tor zum 1:1-Ausgleich gegen den VfB Stuttgart. In letzter Minute. Er wendete damit den verpatzten Ligastart ab. Wesentlicher aber war, mit welcher Präsenz er sich nach seiner Einwechslung in der 73. Minute im Team zurückmeldete. Sein Auftritt in nur weniger als 20 Minuten dokumentierte jene Entschlossenheit und Willen, die er in Brasilien während der WM-Mission lebte und erlebte.
Kramers aktuelle Mission am Donnerstag lautet Europa. Genauer gesagt FK Sarajevo. Es sind nur noch 90 Minuten, vielleicht 120 oder sogar ein Elfmeterschießen, bis die Türen nach Europa aufgehen, sich Gladbach zum zweiten Mal in den vergangenen drei Spielzeiten für die Gruppenphase der Europa League qualifizieren kann. Der 3:2-Erfolg der Gladbacher im Hinspiel ist eine gute Ausgangsposition. Über all das aber denkt Kramer nicht nach. Sein Bestreben allein ist es, das in Brasilien erarbeitete Selbstvertrauen zu konservieren, mit in die Saison zu nehmen, solange und soweit die Füße tragen. „Das ist gut gelungen“, sagte er nach dem Auftakt gegen Stuttgart. „Ich hoffe, es geht so weiter.“
Diesen Wunsch hegt auch sein Trainer. Lucien Favre sagte am Mittwoch über den Weltmeister: „Man sieht, dass Christoph mehr Vertrauen hat. Die WM hat ihn selbstbewusster gemacht. Er spricht mehr, gibt Anweisungen auf dem Platz.“ Und Favre steht jetzt vor einer kniffligen Frage: Halte ich meinen Weltmeister wie gegen Stuttgart in der Hinterhand, bringe ihn erst später? Oder biete ich diesen in Brasilien offenbar zum Führungsspieler gereiften Profi, obwohl er noch nicht die Fitness für einen 90-minütigen Einsatz hat, von Beginn an auf? Und muss ihn irgendwann vom Platz nehmen. Nun gilt Favre nicht als ein Trainer, der gerne Risiko nimmt. Im Falle Kramer allerdings könnte er geneigt sein, gegen seine Grundsätze zu handeln. Weil der Weltmeister Symbol für ein aktives Spiel ist. Das, was die Mannschaft in Halbzeit eins gegen Stuttgart vermissen ließ. Gegen Sarajevo könnte das gefährlich werden. Immerhin überstanden die Gäste die beiden ersten Runden trotz jeweils einer Heimniederlage im ersten Spiel mit Auswärtssiegen — mit 3:1 bei FK Haugesund (Hinspiel 0:1) und einem 3:1 n.V. bei Atromitos Athen (Hinspiel 1:2).
“ Bor. M’gladbach — FK Sarajevo Donnerstag, 20.45 Uhr/Kabel1