Glückssteine aus Olympia: Turnerinnen Sechste
Tokio (dpa) - Die deutschen Turnerinnen haben ihre Glanzleistung vom Vorkampf in Tokio noch einmal gesteigert. Im Team-Finale kam die Truppe von Cheftrainerin Ulla Koch auf den sechsten Rang. Auf so eine gute WM-Platzierung mussten sie über zwei Jahrzehnte warten.
Nachdem Elisabeth Seitz beim Hindorff-Flieger den Barren-Holmen nicht zu packen bekommen hatte, nahmen die Teamgefährtinnen sie in den Arm und stachelten sie zu neuen Höchstleistungen an. Mit diesem Teamgeist hat sich die verschworene Truppe von Ulla Koch bei den Weltmeisterschaften in Tokio den sechsten Platz und damit den größten WM-Erfolg im deutschen Turnen seit 22 Jahren beschert. 1989 hatten die DDR-Turnerinnen in Stuttgart Rang fünf belegt.
„Das ist so geil. Wir sind ein Team, wir stehen immer füreinander ein“, sagte Kim Bui. Im vergangenen Jahr kam die Riege auf WM-Platz 14 - diesmal wurde sie schon Siebte in der Qualifikation, ausgestattet mit dem Olympia-Ticket. Mit ihrem wundersamen Aufstieg übertrafen die deutschen Turnerinnen alle Erwartungen.
„Noch mal einen Platz besser als im Vorkampf, das ist ja unglaublich“, schwärmte Elisabeth Seitz und sah auch keinen Grund, sich nach ihrem Absteiger als Pechvogel zu fühlen. Bis dahin lagen die Deutschen nach Top-Ergebnissen an Boden und Sprung sogar auf Platz vier. Doch schon beim Einturnen hatte die beste Deutsche bei ihren zwei schwierigen Elementen - Def-Salto und dem von ihr kreierten „Seitz“ - große Probleme. Doch diese beiden Hürden meisterte sie im Finale prima, ehe ihr beim eigentlich „leichteren“ Flieger der Holmen entglitt und sie auf die Matte klatschte.
„Ich habe zu spät reagiert, aber ich mache mir keinen Vorwurf. Ich weiß, dass ich das kann“, meinte sie und schaffte im Anschluss mit 14,166 Punkten sogar die erste „14“ in ihrer Karriere am Schwebebalken.
„Das ist eine Supertruppe, ich bin ja so stolz“, meinte Cheftrainerin Ulla Koch glücklich. „Mein Ziel war, nicht Letzte zu werden“, bekannte die „Chefin“, die nun auf die Verlängerung ihres Vertrages bis 2016 hoffen darf. „Erfolg ist das beste Argument“, meinte DTB-Präsident Rainer Brechtken vielsagend.
Ulla Koch hatte all ihren Athletinnen schon vor dem Vorkampf „Glückssteine“ aus dem Hain von Olympia geschenkt, der die Turnerinnen sichtlich beflügelte. Diese revanchierten sich mit einer goldenen Münze vom Tokio-Tower, auf dem „Team-Finale 11.10.2011“ eingraviert war.
Vor 5000 Zuschauern hatten die Deutschen am Ende mit 168,479 Punkten nur gut vier Zähler Rückstand auf einen Medaillenplatz. „Wir wollen mal nicht vermessen sein, sonst schreiben wir gleich wieder Geschichte“, antwortete Koch auf die Frage, ob denn angesichts der Fehler von Seitz und Oksana Chusovitina am Balken nicht sogar noch mehr drin gewesen sei.
Der Titel ging zum dritten Mal nach 2003 und 2007 an das Team der USA (179,411 Punkte). Die US-Girls um die zweitbeste Mehrkämpferin des Vorkampfes, Jordyn Wieber, entthronten Titelverteidiger Russland, der mit 175,329 Zählern auf Platz zwei kam. Dritter wurde Olympiasieger China (172,820).