Kaymer nach einem Jahr ohne Sieg: Zurück zu den Basics
Hamburg (dpa) - Golfprofi Martin Kaymer aus Mettmann trennt sich von seinem britischen Kurzspieltrainer Pete Cowen und will sich wieder auf seine Stärken besinnen. Der 28-Jährige will nur noch mit seinem Langzeitcoach Günter Kessler zusammenarbeiten.
Bei Ihrem letzten Turnier in Südafrika machten Sie nach einem Doppelbogey auf der 18 den Eindruck, als seien Sie restlos bedient und urlaubsreif. Stimmt der Eindruck und wie lang ist die Auszeit, die Sie sich gönnen?
Kaymer: Nein, im Gegenteil. Ich war am Sonntag zwar ohne Siegchance, und die Luft war ein wenig raus, aber ich habe zum Ende des Jahres wieder richtig viel Spaß auf dem Golfplatz gehabt und hätte gerne weiter gespielt. Aber eine Pause tut jetzt nach einem anstrengenden Jahr natürlich auch gut. Ich werde die Weihnachtstage auf jeden Fall in Deutschland verbringen und dann noch vor Neujahr wieder mit der Vorbereitung für 2014 in Scottsdale beginnen.
Die Bilanz des Jahres 2013 fällt trotz einiger Top-Ten-Platzierungen, aber ohne Sieg, enttäuschend aus. Mit einer Weltranglistenposition jenseits der 30 würden Sie es nur mit einer Wildcard zum Ryder Cup im September schaffen. Wie hart wäre es, nicht dabei zu sein?
Kaymer: Die Weltranglistenposition hat ja direkt nichts mit der Qualifikation zu tun. Ich bin in beiden Qualifikationslisten momentan zwar nicht vorne, aber es ist noch sehr viel Golf zu spielen bis zum Ryder Cup. Ich mache mir darüber momentan überhaupt keine Gedanken, denn wenn die Ergebnisse wiederkommen, und die letzten Turniere geben mir da ein gutes Gefühl, werde ich auch eine gute Chance haben, mich zu qualifizieren.
Zuletzt klappten die langen Schläge wieder besser. Was haben Sie am Schwung verändert?
Kaymer: Ich habe mich einfach wieder auf das Wesentliche und auf meine Stärken besinnt. Gerade Anfang des Jahres habe ich aber einfach viel zu viel an meinem Schwung herumgefeilt. Die Zeit ist nun vorbei.
In den vergangenen Monaten sprachen Sie immer wieder vom ungenügenden kurzen Spiel. Sie arbeiten seit einiger Zeit mit dem Spezial-Trainer Pete Cowen zusammen. Wollen Sie das intensivieren?
Kaymer: Die Arbeit mit Pete hat mir viel gebracht und meine Optionen auf dem Golfplatz erweitert. Beim Blick auf die Ergebnisse muss ich aber selbstkritisch feststellen, dass diese für mich nicht zufriedenstellend waren. Ich habe mich deshalb entschieden, für die kommende Saison wieder zu den Basics zurückzukehren und mein kurzes Spiel in enger Abstimmung mit Günter Kessler weiter zu optimieren. Das kurze Spiel wird der Schwerpunkt meiner Saisonvorbereitung 2014 sein, denn mit den langen Schlägen bin ich seit einigen Monaten sehr zufrieden.
Der Überflieger der Saison, Henrik Stenson, hat den gleichen Kurzspieltrainer, er hatte früher dasselbe schwedische Management wie Sie, und Sie und Stenson sind schon lange befreundet. Er machte auf Weltranglistenposition 230 eine viel größere Krise durch als Sie. Was können Sie aus dem furiosen Comeback Ihres Freundes lernen?
Kaymer: Henrik ist wirklich ein guter Freund von mir und ich habe ihm dieses Jahr ziemlich häufig eine Glückwunsch-SMS schreiben dürfen! Ich habe vor ihm und seiner Leistung 2013 einen Riesenrespekt, wenn man bedenkt, wo er hergekommen ist und was er auch abseits des Golfsports durchgemacht hat. Er hat gezeigt, dass es möglich ist, sich in die Spitze zurückzukämpfen, wenn man mit Disziplin, Geduld und Ausdauer beständig an sich arbeitet.
Eine Sportzeitschrift hat einmal ausgerechnet, dass Sie mehr als 180 000 Kilometer im Jahr im Flugzeug zurücklegen. Nun haben Sie die erste Saison als vollwertiges Mitglied der PGA-Tour hinter sich gebracht. Wie anstrengend war das Jahr mit den vielen Stunden im Flugzeug?
Kaymer: Klar, so etwas ist anstrengend. Vor allem, wenn ich an einem Sonntag noch in den USA spiele und schon am Donnerstag in Europa oder Asien auf dem Platz stehe. Umso wichtiger ist deshalb die Turnierplanung, um die Strapazen in Grenzen zu halten. Das haben wir dieses Jahr eigentlich ganz gut geschafft. Über die Jahre habe ich gelernt, die Zeit im Flieger zum Ausruhen zu nutzen.
Die Fußball-Nationalmannschaft will 2014 Weltmeister werden. Sie selbst entschieden sich gegen eine Karriere als Fußballer, sind aber mit einigen Profis gut befreundet. Die Bedingungen in Brasilien werden hart sein. Haben Sie Tipps gegen den Jetlag?
Kaymer: Auch ich kenne da leider noch keinen Königsweg. So ganz raus bekommt man den Rhythmus nie sofort. Dabei ist für mich das Einschlafen zumeist nicht das Problem, sondern eher das frühe Aufwachen.
Sie waren beim Qualifikationsspiel Schweden gegen Deutschland dabei - planen Sie auch einen Abstecher zur WM?
Kaymer: Ja, ich würde mir extrem gerne ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft anschauen und habe auch schon eine Woche im Auge. Ich muss aber auch gucken, wie das dann in meinen Saisonverlauf passt.
Was trauen Sie der Nationalelf bei der WM zu?
Kaymer: Ich glaube, dass Deutschland eine große Chance hat, sehr weit zu kommen. Die Gruppe ist gut machbar und auch danach scheint der Weg nicht allzu schwierig. In Spielen gegen Spanien oder Brasilien kommt es dann auf die Tagesform an, aber der Weltmeistertitel ist mit diesem Team auf jeden Fall drin!
2016 wird Golf wieder ins Olympia-Programm aufgenommen. Wie groß ist der Reiz, als Profi an dieser Veranstaltung teilzunehmen?
Kaymer: Das ist kaum in Worte zu fassen. Für mich gibt es nichts Größeres als die Olympischen Spiele. Es ist mein großes Ziel, Deutschland und unseren Golfsport 2016 in Rio erfolgreich zu vertreten.
Was zählt ein Olympiasieg - käme er an einen Majorerfolg heran?
Kaymer: Definitiv ja. Die Möglichkeit, ein Major zu gewinnen, gibt es viermal im Jahr. Die Olympischen Sommerspiele finden nur alle 4 Jahre statt. Die Vorstellung, in diesem Rahmen eine Goldmedaille zu holen, ist unglaublich.
Sie haben häufig gesagt, dass der deutsche Nachwuchs gute Bedingungen hat, aber zu wenig daraus macht. Dominik Foos ist mit 16 Jahren schon so weit wie kaum ein anderer Nachwuchsgolfer auf der Welt. Was trauen Sie ihm zu?
Kaymer: Dominic ist ein Riesentalent. Über sein golferisches Können muss man sich gar nicht lange unterhalten. Da bringt er alles mit. Ich habe mit ihm drei-, viermal gesprochen und er macht auch einen sehr guten und bodenständigen Eindruck, weiß aber auch genau, was er will. Von seinen Eltern bekommt er zudem eine super Rückendeckung. Er ist erst 16 Jahre alt, und es ist immer noch schwer zu sagen, wohin der Weg führen wird, aber ich wünsche ihm, dass er es auch bei den Profis schafft.
Was erwarten Sie vom Saisonstart in Abu Dhabi persönlich?
Kaymer: Abu Dhabi ist eines meiner absoluten Lieblingsturniere. Der Platz liegt mir eigentlich sehr gut und ich konnte hier dreimal gewinnen. Meine Erwartungserhaltung ist daher jedes Jahr sehr hoch. Ich werde den Winter sehr gut trainieren, um gleich das erste Turnier des Jahres erfolgreich gestalten zu können.