19 Teams und ein Favorit: Alle jagen THW Kiel
Leipzig (dpa) - Alfred Gislason steht vor einer überraschenden Premiere. Zum Auftakt der 38. Saison in der Handball-Bundesliga spielt der Isländer erstmals als Trainer des THW Kiel in der Lipperlandhalle.
Doch sonst ist alles beim Alten: Beim TBV Lemgo und dem ersten Auftritt in dessen Stammspielstätte seit 2005 starten die Kieler ihre Mission Titelverteidigung. „Unser Kader ist breiter als letzte Saison, und es ist klar, dass wir der Favorit sind“, erklärte Gislason. Zuletzt hatte Lemgo den THW immer im Gerry-Weber-Stadion im westfälischen Halle empfangen.
Fünfmal deutscher Meister, viermal DHB-Pokalsieger, zweimal Champions-League-Sieger: In nur sechs Jahren unter der Regie von Gislason haben die Kieler Titel über Titel gehamstert - und wollen ihre imponierende Serie fortsetzen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass wir um jeden Titel spielen wollen“, sagte Nationalspieler Patrick Wiencek und schürte zugleich bei den Widersachern die Befürchtung eines Alleingangs. „Über 68:0 Punkte zu reden, ist utopisch. Wir werden es versuchen, aber das wird schwer genug.“
Für ihr Ziel 20. deutsche Meisterschaft haben die Kieler ihren Kader sowohl qualitativ als auch quantitativ aufgewertet. Mit einem Etat von beeindruckenden 9,5 Millionen Euro wurden vom HSV Hamburg Welthandballer Domagoj Duvnjak und Weltmeister Joan Canellas sowie von der SG Flensburg-Handewitt Nationalspieler Steffen Weinhold verpflichtet.
Angesichts der 17 Spieler, die größtenteils Weltklasseformat besitzen, schnalzt die Konkurrenz mit der Zunge - und befürchtet einen Alleingang wie 2011/2012. „Wenn man sich den Kader anschaut, ist das das Nonplusultra. Ich hoffe, dass es nicht wieder einen 68:0-Lauf gibt“, sagte Marc-Henrik Schmedt, Manager des SC Magdeburg.
In Erinnerung an die Langeweile in der Liga mit gleichzeitig sinkenden Zuschauerzahlen bei den Liveübertragungen im Fernsehsender Sport1 bemühen sich die Protagonisten eifrig, die Angst vor dem Durchmarsch zu zerstreuen. „Wir haben ein schweres Anfangsprogramm“. sagte Gislason vor den Partien gegen Lemgo, Champions-League-Sieger Flensburg am 28. August und in Hamburg fünf Tage darauf.
Dem Vorjahreszweiten Rhein-Neckar Löwen - nur um zwei Treffer schlechter in der Tordifferenz als der punktgleiche Meister - und Flensburg wird am ehesten zugetraut, den Kielern Paroli zu bieten. „Ich glaube, dass die Rhein-Neckar Löwen stärker geworden sind als letztes Jahr. Und Flensburg ist mit dem Rückenwind der Champions League auch konkurrenzfähig“, urteilte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, „und wir haben genug Teams, die das Potenzial haben, die Top Drei zu schlagen.“
Doch selbst vom vermeintlich ärgsten Verfolger kommt keine Kampfansage an den THW Kiel. „Kiel hat sich hammer verstärkt und eine unglaubliche Qualität“, anerkannte Oliver Roggisch, Teammanager der Löwen, die „wenigstens zu Hause Kiel schlagen“ wollen.
Sollten die Befürchtungen der Konkurrenz wahr werden, kann Kiel sogar einen Rekord aufstellen: 72:0 Punkte. Denn erstmals spielen 19 Mannschaften um die Meisterschaft - sehr zum Unmut einiger Clubs. Nach zwei Lizenzverweigerungen und der Zulassung erst durch eine umstrittene Entscheidung des Schiedsgerichtes ist der HSV Hamburg Bundesligist geblieben. HBW Balingen-Weilstetten hat sich juristisch seine Erstliga-Zugehörigkeit bestätigen lassen. So wird es von Woche zu Woche ein verzerrtes Tabellenbild geben und am Ende der Saison vier Absteiger.