„HSV hat es nicht verdient“ - Handballer hadern
Hamburg (dpa) - Wenn am Samstag die ersten Tore der neuen Saison erzielt werden, beginnt in der selbsternannten „stärksten Liga der Welt“ die Zerreißprobe.
Schon seit Wochen wird in der Handball-Bundesliga hinter den Kulissen gestritten. Die erstmalige Erweiterung des Teilnehmerfelds auf 19 Mannschaften - ein Resultat des wochenlangen Lizenz-Wirrwarrs um den HSV Handball und HBW Balingen - sorgt für Unverständnis und Aufregung.
Wegen des zusätzlichen Starters hat jeder Erstligist in diesem Jahr zwei Spiele mehr als üblich. Für Melsungens Trainer Michael Roth kommt das einer Katastrophe gleich. „Seit Jahren sprechen wir davon, dass die Spieler überbelastet sind - uns trifft das extrem“, sagt Roth. Bereits zum Saisonstart muss der Club vier Spiele in acht Tagen absolvieren. „Letztlich müssen wir alle die unkorrekte Arbeit des HSV ausbaden.“
Die Hamburger erhielten ihre Spielberechtigung erst in dritter Instanz, nachdem sich im Mai der damalige Präsident und Geldgeber Andreas Rudolph zurückgezogen hatte. Das Chaos beim HSV hatte auch für andere Clubs weitreichende Folgen: Melsungen bangte um die Teilnahme am Europapokal, Balingen schwankte zwischen zweiter und erster Liga.
Als das Schiedsgericht die Rettung für den HSV verkündete, waren viele Dauerkarten, die die zusätzlichen Spiele nicht beinhalteten, schon verkauft worden. Verfrüht vereinbarte Werbepakete steigern die finanziellen Einbußen der Vereine weiter. Der Ligaverband HBL hat darum Verständnis für den Unmut der betroffenen Vereine.
Die Liga weiß um das Konfliktpotenzial, das die Aufstockung für Deutschlands Ballsportart Nummer zwei birgt. Auch darum schwor der neue HBL-Präsident Uwe Schwenker die Profimannschaften ein: „Das Wichtigste ist, dass wir ein großes Miteinander haben müssen und dass wir die Gesamtinteressen über die Einzelinteressen stellen müssen.“
Trotzdem wird der Ton rauer. Mindens Trainer Goran Perkovac ist nicht allein, wenn er sagt: „HSV Handball hat es nicht verdient in der Liga zu bleiben, weil man so nicht wirtschaften kann.“
Balingens einstweilige Verfügung, die dem sportlichen Absteiger den Klassenverbleib sicherte, halten die meisten Verantwortlichen der Konkurrenz hingegen für legitim. Als Sündenbock will sich auch Balingens Coach Markus Gaugisch nicht hergeben. „Wer ist denn die 19. Mannschaft? Der HBW oder HSV?“, fragt er. „Meiner Meinung nach haben beide Mannschaften das gleiche Recht in der Liga zu sein.“
Der neue HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek gibt sich zurückhaltend. Er weiß, „dass viele in der Liga die Hasskappe aufhaben, wenn sie allein unseren Namen hören“. Die Saison werde für alle intensiver, sagt er. Die Hamburger selbst leiden schließlich ebenfalls unter dem unruhigen Sommer: Neben der Führungsspitze musste auch ein Großteil des Kaders ausgetauscht werden.
Kritik an dem aufgeblähten Spielplan üben insbesondere die Trainer der verbliebenen Spitzenclubs. „Jedes Jahr wird das mehr“, moniert Kiels Meistertrainer Alfred Gislason. „Wir versuchen immer zu protestieren, aber es passiert nichts.“ „Die hohe Anzahl von Partien in allen Wettbewerben ist brutal“, sagt auch Dierk Schmäschke, Manager der SG Flensburg-Handewitt. „Die Spieler kommen an ihre körperliche Grenzen.“
So gelassen wie Hannovers Manager Benjamin Chatton blicken nur wenige auf die neue Saison. „Für alle Zuschauer ist es erstmal super“, sagt Chatton und fügt an: „Für die meisten Vereine ist es vertretbar, zwei Spiele mehr zu absolvieren.“
Doch der 19er-Modus soll nicht zum Dauerzustand werden. Deshalb steigen in der kommenden Spielzeit vier statt drei Mannschaften ab. Der Druck im Abstiegskampf wird zunehmen, prognostizieren die Trainer. Bis im Juni 2015 das letzte Spiel beendet ist, werden die Diskussionen also wohl anhalten.