Abschied von Kehrmann und Roggisch

Leipzig (dpa) - In Mannheim spielt die Nationalmannschaft, in Lemgo die „Goldene Generation“: Der deutsche Handball verabschiedet seine Weltmeister Oliver Roggisch und Florian Kehrmann mit den Besten von heute und einst in den sportlichen Ruhestand - an unterschiedlichen Orten.

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Einen Tag nach dem spannenden Bundesliga-Finale startet um 15.00 Uhr in der SAP-Arena mit Roggischs Abschiedsspiel der Rhein-Neckar Löwen gegen die DHB-Auswahl die „größte Discothek Baden-Württembergs“. „Komischerweise überwiegt absolute Vorfreude“, sagte der Auswahlkapitän, der zuletzt wegen einer Fußverletzung mit dem Training aussetzen musste.

Zur gleichen Zeit steigt 375 Kilometer nördlich in der wohl ausverkauften Lipperlandhalle mit der Partie des TBV Lemgo gegen „Flos All Stars“ um Stefan Kretzschmar und Daniel Stephan die Auf-Wiedersehen-Fete mit Kehrmann. „Mit denen nochmal gegen den TBV Lemgo zu spielen ist eine schöne Sache. Und dann werden wir am Ende auch noch mal eine schöne Party machen. Ich freue mich, dass die Halle voll wird, obwohl es ein reines Spaß-Spiel ist“, sagte der Rechtsaußen.

Einen Vorgeschmack auf den Abschied hatte er schon bei seinem letzten Bundesliga-Heimspiel am vorigen Wochenende bekommen. „Das war emotionaler als ich dachte. Ich hatte versucht, das zu verdrängen, weil der richtige Abschied ja am 25. kommt. Aber die Halle war voll, die Fans haben einen gefeiert und dann gab es auch noch eine nette Geste der Hamburger Fans mit einem Geschenk - das sind Dinge, die einen mitnehmen“, gestand „Flo“ Kehrmann.

15 Jahre hat der 36-Jährige ununterbrochen beim TBV Lemgo gespielt, seit er 1999 von Sportring Solingen kam. „Ich habe mich in den letzten 15 Jahren in Lemgo immer wohlgefühlt“, erzählte er. In der Zeit hat er bei dem Club Höhen und Tiefen mitgemacht: Er erlebte die Phase, als der Verein wegen seiner zahlreichen Nationalspieler als „TBV Deutschland“ bezeichnet wurde, den deutschen Meistertitel 2003 und die zwei EHF-Pokalsiege. Aber er musste auch Personal-Hickhack, den Ein- und Ausstieg eines Geldgebers sowie arge Finanznöte ertragen.

Doch selbst die folgenden, teils radikalen Umbrüche haben ihn nicht zum Weggang bewegt. „Ich hätte in Kiel spielen können, bei den Rhein-Neckar Löwen, in Hamburg oder im Ausland. Da waren wirklich interessante Angebote dabei. Aber ich kann stolz darauf sein, dass ich die letzten 15 Jahre beim TBV Lemgo war“, sagte Kerhmann. „Und auch im letzten Jahr mit den vielen ganz jungen Spielern. Es ist nicht mit einem Titel zu vergleichen, aber dass wir den 9. Platz belegen, ist ein riesengroßer Erfolg.“

In den kommenden zwei Jahren wird er sich wie bisher schon den Talenten des Vereins widmen. So lange hat er einen Vertrag als Trainer der Youngsters in der 3. Liga und als Co-Trainer. Im Sommer beginnt der Vater eines Sohnes und einer Tochter die A-Lizenzausbildung. Eine Rückkehr aufs Parkett „ist nicht geplant“. Allenfalls als Helfer in der Not: „Wenn es um die Existenz geht, bin ich der Letzte, der nein sagt.“

Bei Oliver Roggisch sieht es noch anders aus. Vor seinem Abschiedsspiel kann er mit den Rhein-Neckar Löwen erstmals deutscher Meister werden. Am Samstag beim VfL Gummersbach müssen die Mannheimer nur einem Sieben-Tore-Vorsprung gegen den punktgleichen THW Kiel verteidigen.

Bis zum endgültigen Karriereende ist der 35-Jährige noch im Länderspiel gegen Norwegen am 3. Juni sowie in den Playoffs zur WM 2015 gegen Polen am 7. und 14. Juni gefordert. Anschließend wird der Abwehrspezialist Teammanager der Löwen und der Nationalmannschaft. „Den Übergang, den ich habe, hat nicht jeder Profisportler. Die Rollen sind für mich Gold wert“, sagte Roggisch.