Bundestrainer Brand erneuert Kritik an Liga-Chefs
Leipzig (dpa) - Gut sechs Wochen vor der Handball-Weltmeisterschaft in Schweden hat der schnauzbärtige Bundestrainer einen neuen „Brand-Herd“ entfacht.
Der Gummersbacher Heiner Brand, dank seiner Verdienste als Spieler und Trainer mittlerweile zum „Handball-Kaiser“ aufgestiegen, redet Klartext und kritisiert die Führung der Handball-Bundesliga. Die HBL hat den Grundlagenvertrag mit dem Deutschen Handballbund (DHB) gekündigt. „Jeder sollte sich zunächst einmal um seine eigenen Dinge kümmern. Wobei ich auch nicht die ganze Liga meine, sondern einen bestimmten Kreis an Vereinen und Entscheidern. Es gibt Grabenkämpfe um Macht und Posten“, sagte Brand in einem Interview mit dem „Kicker“.
Während sich die Fangemeinde nach dem glücklichen 26:26-Remis in der EM-Qualifikation gegen Österreich um das derzeitige Leistungspotenzial der Spieler sorgt, hebt der 58-Jährige in Richtung HBL und einigen Top-Vereinen warnend den Finger, „weil es denen nicht um das Wohl des Handballs geht. Das ist problematisch, denn die betreffenden Stimmen kommen von den Marktführern unter den Clubs“. So forderten die ohnehin finanzkräftigen Kolosse THW Kiel, HSV Hamburg und die Rhein-Neckar Löwen Abstellungsgebühren für ihre Nationalspieler und setzen sich auf internationaler Ebene damit durch. „Aber es heißt doch völlig zu Recht, die Nationalmannschaft sei die Zugmaschine unserer Sportart. Darüber hinaus ist es idiotisch zu glauben, dass andere Verbände, zum Beispiel Polen oder Island, über das finanzielle Potenzial verfügen, um Abstellungsgebühren zu bezahlen.“
Auch die von der HBL diskutierte Einführung eines Profi-Schiedsrichters findet Brand überflüssig: „Das ist auch so ein Hirngespinst - und wird übrigens auch von einem überwiegenden Teil der Vereine so gesehen. Über solch eine Forderung kann ich nur lachen. Viele Vereine sind ohnehin schon knapp bei Kasse - wie sollen denn die entstehenden Kosten bitte finanziert werden? Es ist unseriös, überhaupt an eine derartige Lösung zu denken.“ Brand forderte die HBL-Führung auf, sich um ihre eigenen Probleme zu kümmern und eine geforderte Abspaltung nicht weiter zu forcieren: „Eine Abtrennung von der Basis funktioniert nicht. Auch international nicht. Die Champions-League ist doch schon jetzt eine deutsch- spanische Meisterschaft mit Behinderung durch Montpellier und Veszprem.“
So richtig in Rage verpasst der ehemalige Abwehrstratege aus dem 78-er Weltmeisterteam auch den Kritikern der Nationalmannschaft einen Seitenhieb. „Diese geheuchelte Empörung kommt doch auch wieder ausgerechnet von denen, die nichts für die Nationalmannschaft tun. Ganz klar: Wir haben gegen Österreich einen schlechten Tag erwischt. Aber dieser Gegner ist längst keine Laufkundschaft mehr. Die haben daraufhin Island, eine der führenden Handballnationen, geschlagen. Selbst wenn einige unserer verletzten Spieler dabei gewesen wären, können wir für uns keine Dominanz mehr voraussetzen. Das ist vorbei.“
Frohe Kunde kam unterdessen von Nationalspieler Lars Kaufmann, der nach der Saison von Göppingen nach Flensburg wechselt. Für die WM in Schweden vom 13. bis 30. Januar plant der Rückraumschütze sein Comeback. „Ich fühle mich sehr gut, mache große Fortschritte. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich davon aus, dass ich am 2. Januar mit in die unmittelbare WM-Vorbereitung einsteige ich will mit nach Schweden“, sagte Kaufmann, der sich Mitte September bei einem Fahrrad-Unfall schwer an der linken Schulter verletzte, der „Handball-Woche“.