Das Gesicht des deutschen Handballs: Brand wird 60
Leipzig (dpa) - Markant, preisgekrönt und inzwischen ergraut: Dank des buschigen Schnauzers ist Heiner Brands Wiedererkennungswert nahezu einmalig.
Und dank seiner Erfolge als Spieler und als Trainer ist der Gummersbacher in der allgemeinen Wahrnehmung vor allem eines: „Das Gesicht des deutschen Handballs“, wie es Horst Bredemeier, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB), ausdrückte. An diesem Donnerstag feiert Heiner Brand trotz größter Bekanntheit in kleinem Rahmen seinen 60. Geburtstag.
„Da ist Ruhe“, sagte der Jubilar in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Keine Gala, keine Riesenfete, keine Empfänge. „Im kleinen Kreis, mit der Familie und ein paar engen Freunden. Und das war es dann.“ Brand hält sich bedeckt in Bezug auf den Ort, an dem die Geburtstagslieder auf ihn angestimmt werden.
In seiner oberbergischen Heimatstadt Gummersbach wird es jedenfalls nicht sein. „Ein bisschen weg fahre ich“, ließ er sich entlocken. Dem Vernehmen nach zieht es ihn und die Gesellschaft auf den Schliffkopf im Schwarzwald - ein bevorzugter Rückzugsort von Brand. Seine Wünsche zum 60. sind bescheiden: „Privat bin ich eigentlich sehr zufrieden. Klar, in dem Alter muss man sich immer Gesundheit wünschen. Sportlich wünsche ich mir, dass beide Nationalmannschaften sich auf Dauer oben ansiedeln in der Weltspitze. Aber das hängt ja eher mit meiner jetzigen beruflichen Tätigkeit zusammen.“
Seit gut einem Jahr ist es in der Öffentlichkeit ruhiger geworden um ihn. Amtsmüde hatte Brand im vorigen Sommer nach mehr als 14 Jahren Abschied als Bundestrainer genommen und war auf den neu geschaffenen Posten des Sportmanagers im DHB gewechselt. In dieser Position ist er nun verantwortlich dafür, dass der gut ausgebildete männliche wie weibliche Nachwuchs noch besser wird und vor allem der Anschluss der Talente an die Spitze gelingt.
Die Hoffnung seiner Frau Christel, dass ihr Mann in der neuen Funktion mehr Zeit für die Familie haben würde, hat sich - wenn überhaupt - nur teilweise erfüllt. Heiner Brand reist nicht viel weniger als vorher. Im Juli absolvierte er einen Parforceritt durch die Junioren-EM in der Türkei und die Jugend-EM in Österreich. Während der Olympischen Spiele, wo deutsche Teams fehlen, will er nun etwas kürzertreten. „Da ich jetzt im Juli komplett unterwegs war bei Junioren-EM und Jugend-EM, werde ich ein bisschen ruhig machen.“
Begonnen hatte Brands Aufstieg zur deutschen Handball-Ikone in den 1970er Jahren. Mit dem seinerzeit in Europa dominierenden VfL Gummersbach, den er während seiner Sportlerkarriere nie verlassen hat, gewann er sechs deutsche Meisterschaften, viermal den DHB-Pokal und zweimal den Europacup der Landesmeister, der heute Champions League heißt. Und dann war da natürlich der Triumph bei der WM 1978 in Dänemark, der ihn mit in die Eliteliga des Handballs einreihte.
Auch als Trainer riss die Erfolgsserie nicht ab. Zweimal deutscher Meister mit Gummersbach, einmal mit Wallau-Massenheim, Olympia-Zweiter als Co-Trainer 1984 - und nach seinem Amtsantritt als Bundestrainer 1997 läutete Brand die medaillenträchtigste Zeit im deutschen Männer-Handball ein. Mit der sogenannten goldenen Generation um Stefan Kretzschmar, Christian Schwarzer, Hennig Fritz, Daniel Stephan und Markus Baur heimste Brand EM-Gold 2004, jeweils Silber bei Olympia 2004, der EM 2002 und der WM 2003 ein.
Unvergessen bleibt das Wintermärchen bei der Heim-WM 2007, als 20 000 Fans in der Köln Arena und ein ganzes Land die Brand-Männer feierten, oft mit angeklebten Schnurrbärten. Die Anhänger trugen so dazu bei, dass Brand wegen seines Schnauzers zum Bartträger des Jahres gewählt wurde. Doch nach 2007 blieben die Erfolge aus. Ebenso wie Konsequenzen aus Brands Mahnungen, dass die Bundesliga deutsche Spieler mehr fördern muss.
Doch Brand geht es um mehr als nur Sport. Seit vielen Jahren engagiert sich der Gummersbacher für seinen früheren Mitspieler Joachim „Jo“ Deckarm, der 1979 bei einem Handballspiel verunglückte, 132 Tage im Koma lag und seither schwerbehindert ist. Für diesen Einsatz hatte Brand im vorigen Jahr als Erster den Joachim-Deckarm-Preis erhalten.