Krimi in Zagreb Deutsche Handballer nach Remis in EM-Hauptrunde

Zagreb (dpa) - Nach dem Happy End in letzter Sekunde stürmten die deutschen Handballer auf Tobias Reichmann zu und feierten den späten Helden eines spektakulären Spiels.

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Mit einem verwandelten Siebenmeter warf der Rechtsaußen von der MT Melsungen den Titelverteidiger zum 25:25 (10:15) gegen den WM-Dritten Slowenien und damit vorzeitig in die EM-Hauptrunde. „Wir sind überglücklich, dass er so starke Nerven bewiesen hat“, lobte Bundestrainer Christian Prokop den 29-Jährigen nach dem Handball-Krimi in Zagreb.

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„Ich habe mich sicher gefühlt. Zum Glück hat es geklappt. Ich hatte erst eine andere Ecke im Kopf, habe mich dann aber umentschieden“, berichtete der gefeierte Reichmann direkt nach der Partie. „Den größten Respekt für Tobi Reichmann, dass er ihn so eiskalt verwandelt. Der Junge hat jetzt einen gut bei uns“, sagte Teamkollege Kai Häfner. „Auf jeden Fall überwiegt jetzt gerade die Freude. Das Spiel war eigentlich schon verloren, es war weg“, fügte Häfner hinzu.

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Am späten Abend legten die Slowenen Protest gegen die Wertung des Spiels ein, was die deutsche Delegation jedoch gelassen zur Kenntnis nahm. „Die Schiedsrichter haben die Möglichkeit des Videobeweises genutzt und die letzten Sekunden intensiv begutachtet. Ihre finale Entscheidung ist regelkonform“, teilte der DHB mit. Die EHF wird darüber am Dienstag verhandeln.

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Lange fand die DHB-Auswahl keine Lösungen gegen die aggressiven und spielstarken Slowenen, gegen die noch nie ein Pflichtspiel verloren wurde. Entsprechend erleichtert war Prokop: „Wichtig ist, dass wir den Fünf-Tore-Rückstand aufgeholt haben und der Kopf oben geblieben ist. Darauf können wir stolz sein.“

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In der turbulenten Schlussphase traf Paul Drux zunächst zum 24:24, sechs Sekunden vor Ende gingen die Slowenen erneut in Führung und jubelten dann schon über den Sieg. Allerdings behinderten sie auch am Mittelkreis den deutschen Anwurf. Die beiden Schiedsrichter aus Litauen schauten sich minutenlang das Video an und gaben Rot für den Slowenen Blaz Blagotinsek sowie Siebenmeter.

Reichmann behielt die Nerven und schaffte noch den Ausgleich in hitziger Atmosphäre. „Ich spiele jetzt auch schon sehr lange Handball, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte Häfner. Reichmann witzelte: „Ich habe mich noch nie so lange vor einem Siebenmeter warm gemacht.“

Mit nun 3:1-Punkten ist die Mannschaft von Bundestrainer Prokop nicht mehr von einem der ersten drei Plätze der Gruppe C zu verdrängen und kann für die nächste Turnierphase planen. Bester Werfer war erneut Kapitän Uwe Gensheimer mit sieben Treffern. Bei einem weiteren Sieg im letzten Gruppenspiel am Mittwoch (18.15 Uhr) gegen den ebenfalls ungeschlagenen Tabellenführer Mazedonien (4:0), der Montenegro mit 29:28 bezwang, würde die DHB-Auswahl mit einer ordentlichen Punkteausbeute nach Varazdin reisen.

Titelreif war die Leistung gegen die Slowenen aber ganz und gar nicht. „Wir haben in der ersten Halbzeit nicht das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten“, kritisierte Prokop. „In der zweiten Halbzeit sind wir dann sehr hohes Risiko gegangen und dafür belohnt worden.“

Zwar war die Arena in Zagreb auch diesmal nicht ansatzweise voll, die Stimmung aber eine ganz andere. Im Gegensatz zum lockeren Auftaktsieg gegen Montenegro (32:19) pfiffen die slowenischen Fans das DHB-Team bei jeder Aktion lautstark aus, was den Europameister überraschend stark verunsicherte. Selbst dem erfahrenen Kapitän Gensheimer versagten in der Anfangsphase die Nerven, als er mit gleich zwei Siebenmetern innerhalb kurzer Zeit an Slowenen-Keeper Urban Lesjak scheiterte. Nach etwas mehr als einer Viertelstunde lag Prokops Team bereits mit vier Toren zurück (3:7).

Probleme bereitete dem Titelverteidiger nicht nur die aggressive Abwehr der Slowenen, sondern auch deren flinker Spielmacher Miha Zarabec vom THW Kiel. Mit einfachsten Körpertäuschungen hebelte der 1,77 Meter kleine Zarabec die gegen Montenegro noch überzeugende DHB-Abwehr immer wieder aus. Zudem erwischte Torhüter Andreas Wolff einen alles andere als guten Tag. Schon in der 21. Minute brachte der Bundestrainer Silvio Heinevetter für den enttäuschenden Kieler, der fluchend das Feld verließ.