Erneut keine Bundesliga-Lizenz für HSV-Handballer
Hamburg (dpa) - Der HSV Hamburg hat einen Totalschaden erlitten und verschwindet wohl von der Bundesliga-Landkarte. Der letztjährige Champions-League-Gewinner darf in der nächsten Saison nicht am Spielbetrieb der höchsten deutschen Spielklasse teilnehmen.
Das hat das Präsidium der Handball-Bundesliga (HBL) in zweiter Instanz entschieden. Drei Wochen zuvor war in erster Instanz die Bundesligalizenz verweigert worden. Jetzt haben die Norddeutschen nur noch die Möglichkeit, vor das HBL-Schiedsgericht zu ziehen. Dort werden aber keine neue Fakten berücksichtigt. Es geht lediglich um die Prüfung, ob formale Fehler beim Lizenzentscheid begangen wurden.
„Das ist für uns alle erst einmal schwer zu verdauen“, teilte der HSV in einem Statement mit. „Es tut uns, die alles für diesen Verein getan haben, unfassbar Leid für unsere vielen Fans und Partner. Worte können unsere Gefühle nicht beschreiben.“
Sollte das Schiedsgericht zu keinem anderen Urteil kommen, bleibt nur der Gang in die Insolvenz. Weil der deutsche Meister von 2011 versäumt hat, einen fristgerechten Lizenzantrag für die 2. Liga zu stellen, kann er jetzt nur noch in der 3. Liga antreten. „Es gibt eine Möglichkeit des Gnadengesuchs“, sagte Ex-Präsident und Aufsichtsratsmitglied Matthias Rudolph. „Wir müssen jetzt alle Chancen prüfen und schauen, ob wir Grand ouvert oder Null ouvert spielen.“ Sollten alle Versuche scheitern, schließt Rudolph den Spielbetrieb in der 3. Liga nicht aus: „Wir können uns ja wieder hocharbeiten.“ In dem Fall würde der eigentliche Absteiger HBW Balingen-Weilstetten in der Bundesliga bleiben.
Auch das neue Finanzkonzept konnte die Prüfer nicht überzeugen. „Maßgeblicher Grund für die Entscheidung ist der weiterhin fehlende Nachweis einer gesicherten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung der nachgereichten Unterlagen ist dieser Nachweis für den Zeitraum bis zum Ende der Saison 2014/15 nicht gemäß den von allen Vereinen in gleicher Weise einzuhaltenden Lizenzierungsrichtlinien erbracht worden“, heißt es in der Begründung der HBL.
In den Strudel geraten waren die Norddeutschen, nachdem Präsident Andreas Rudolph seinen Rücktritt verkündet und den Geldhahn zugedreht hatte. Bis zu 2,7 Millionen Euro sollen dem Club seither fehlen. HBL-Funktionäre und selbst eine nach Mallorca beorderte Spieler-Delegation hatten versucht, Rudolph umzustimmen.
Der 8,5-Millionen-Euro-Etat der abgelaufenen Saison sollte auf rund fünf Millionen Euro reduziert werden. Die Spieler wollten auf ein Monatsgehalt verzichten, Gläubiger Aufschub bei ihren Forderungen gewähren. Die HBL traf die Entscheidung schweren Herzens. Sie hatte stets ihr großes Interesse am HSV beteuert. „Das ist einer unserer wichtigsten Standorte mit Strahlkraft in Deutschland und Europa. Ein Aus des HSV würde die Liga nachhaltig beeinträchtigen“, sagte HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser noch vor wenigen Wochen.
Die Konkurrenz hatte das Hamburger Modell mit dem Mäzenatentum eines Allein-Investors ohnehin argwöhnisch beäugt und kräftig kritisiert. „Das Ende des HSV in der Bundesliga ist eine Katastrophe für den deutschen Handball. Der Handball muss in die Großstädte, und dies ist in Hamburg durch unseriöse Refinanzierung leider einmal mehr gescheitert“, sagte Präsident Frank Steffel von den Füchsen Berlin.
Die Strukturen beim HSV ließen eine Abnabelung von Rudolph seit dessen Inthronisation 2005 erst gar nicht zu. Der Vorstand um Interimspräsident Frank Spillner und Geschäftsführer Holger Liekefett wollte, dass die Brüder Andreas und Matthias Rudolph ihre Anteile am HSV freigeben, damit Investoren gewonnen werden können.
Der Umbau des zuletzt mit 19 Weltklasse-Profis aufgeblasenen Kaders hatte bereits begonnen. Torhüter Marcus Cleverly (zu KIF Kolding Kopenhagen), die Rückraumspieler Domagoj Duvnjak (THW Kiel), Blazenko Lackovic (Vardar Skopje) und Zarko Markovic (offen) verlassen den Verein. Der Wechsel des spanischen Weltmeisters Joan Canellas zu Rekordmeister Kiel ist abgemachte Sache. Zudem wird der schwedische Kreisläufer Andreas Nilsson vom ungarischen Meister Veszprem umworben. Weitere Profis (Torsten Jansen, Matthias Flohr, Stefan Schröder, Davor Dominikovic) haben auslaufende Kontrakte.
Auch die Fans kämpfen um ihren Verein. Via Internet sammelten sie Geld. Die Initiative „Wir sind Handball Hamburg“ will einen Betrag von mindestens 50 000 Euro zusammenbekommen. Das Geld sollte im Falle einer Lizenzerteilung für den Erwerb von Anteilen an der Spielbetriebs GmbH eingesetzt werden.